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Obszön, nicht religiös

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Der "Europäische Gerichtshof für Menschenrechte" erklärt Gesetze gegen Vollverschleierung von Frauen für zulässig - und das ist gut so.


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Ist es in einer liberalen Demokratie zulässig, dass der Staat Frauen per Gesetz vorschreibt, wie sie sich in der Öffentlichkeit zu bekleiden und vor allem nicht zu bekleiden haben? Unter bestimmten Umständen durchaus, hat der "Europäische Gerichtshof für Menschenrechte" in Straßburg diese Woche geurteilt und das Recht des belgischen Staates bestätigt, die Vollverschleierung von Frauen im öffentlichen Raum unter Strafe zu stellen. Eine Muslima hatte gegen dieses Gesetz aus dem Jahr 2011 geklagt, wurde von den europäischen Höchstrichtern jedoch abgewiesen.

Das hat auch für Österreich Auswirkungen. Hier tritt eine ganz ähnliche Regelung, die vor allem das Tragen von Niqab und der (viel seltener anzutreffenden) Burka betrifft, am 1.Oktober in Kraft. Die Chance, dass dieses Gesetz von dem Europäischen Gerichtshof aufgehoben werden wird, ist damit nahe null. Und das ist gut so.

Der Anblick einer mehr oder weniger zwangsweise voll verschleierten Frau ist nichts weniger als obszön. Der Gesetzgeber tut gut daran, dieser Obszönität wenigstens im öffentlichen Raum ein Ende zu setzen. Und das, obwohl gerade der Liberale natürlich grundsätzlich das Recht jedes Menschen zu achten hat, selber darüber zu entscheiden, wie er oder sie sich bekleidet. An sich geht das den Staat nichts an, wie so vieles anderes auch.

Im Falle der Vollverschleierung freilich haben wir es nicht (nur) mit Bekleidung zu tun, sondern vor allem mit einem Symbol einer faschistoiden, gewaltaffinen und zutiefst frauenverachtenden Ideologie: dem politischen Islam in einer besonders radikalen Erscheinungsform. Niqab oder Burka gehören zu diesen besonders miesen Ideologien wie die SS-Uniform zum Nationalsozialsmus. Beide sind ein politisches Statement; wenn nicht gar Bekenntnis.

Mit gutem Grund ist es hierzulande verboten, in einer SS-Uniform über den Kohlmarkt zu flanieren; mit genauso gutem Grund ist daher zu verbieten, mit den Klamotten des Islamismus symbolisch den öffentlichen Raum zu besetzen, und sei es auch nur visuell.

Die Symbole des Islamischen Staates sind ja ebenso aus der Öffentlichkeit verbannt. Zu argumentieren, dies widerspreche der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Religionsausübung, greift nicht. Denn erstens wird keine Frau auch nur annähernd daran gehindert, ihre Religion auszuüben, nur weil sie in Hinkunft in der Öffentlichkeit ihr Gesicht zu zeigen hat. Und zweitens, weil es im Islam keine einzige Vorschrift gibt, die Vollverschleierung gebietet.

Genauso wenig wiegt der Einwand, der Staat mache ja auch sonst keine Vorschriften über die Kleidung im öffentlichen Raum. Wer das glaubt, möge einfach splitterfasernackt die Mariahilferstraße hinunter spazieren und die darauffolgende Amtshandlung des nächstbesten Polizisten juristisch begründen lassen. Natürlich greift der Staat schon heute in die Freiheit, sich zu bekleiden, wie es einem beliebt, durchaus ein.

Der politische Islam versucht in Europa permanent, die Liberalität des Westens gegen sich selbst zu wenden. Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem Einhalt gebietet, ist deshalb eine gute Nachricht.