)
Bericht über das Bildungswesen zeigt Mängel auf. | Schmied und Hahn sehen sich bestätigt. | Wien. Gesamtschule und Studiengebühren - zwei Themen, bei denen sich SPÖ und ÖVP nicht näher kommen. Jetzt kann sich jede Partei zumindest in einem Punkt auf die OECD berufen. In dem am Donnerstag in Wien präsentierten Bildungsbericht zu Österreich befürwortet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nämlich sowohl die von der ÖVP geforderten Studiengebühren, als auch das SPÖ-Liebkind Gesamtschule alias "Neue Mittelschule" (NMS). Zumindest die SPÖ hat aber ausgeschlossen, sich aufgrund dieses Befundes in Fragen Studiengebühren zu bewegen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Das kann ich mir nicht vorstellen", meinte Unterrichtsministerin Claudia Schmied dazu. Staatssekretär Andreas Schieder ergänzte, die SPÖ werde sich ihr Programm nicht von der OECD vorschreiben lassen. "Da haben wir noch Diskussionsbedarf", meinte ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn schmunzelnd.
Insgesamt attestiert die OECD der Bundesregierung ein "ambitioniertes Programm zur Reform des Bildungssystems", so Barbara Ischinger, Leiterin des Bildungsbereichs der OECD. Allerdings zeigt sie auch fünf Problemfelder auf: So spricht Ischinger davon, dass die vorschulische Bildung "einige Schwächen" aufweist. Vor allem sozial benachteiligte und Migrantenkinder seien darin "unterrepräsentiert". Hier empfiehlt die OECD den Ausbau der Kinderbetreuung für alle Kinder ab drei Jahren.
"Unis müssen jeden Bewerber aufnehmen"
Ein weiteres Problem sieht die Organisation mit Sitz in Paris in der frühen Aufteilung der Schüler auf unterschiedliche Schulzweige. Dies werde durch die NMS "aufgeweicht", hob Ischinger lobend hervor.
Im Bereich der Universitäten kritisiert die OECD, dass die Unis praktisch alle Bewerber aufnehmen müssen, ohne eine Auswahl treffen zu können und Studiengebühren einheben zu können. Dies soll geändert werden. Um eine soziale Selektion zu verhindern, empfahl Ischinger ein "umfassendes Stipendiensystem und einkommensabhängige Studienkredite nach internationalen Standards".
Als weitere Kritikpunkte zählt der Bericht auf: Die im internationalen Vergleich nur durchschnittliche Leistung der österreichischen Schüler bei überdurchschnittlichen Kosten, die Abhängigkeit des Bildungsgrads von der Unterstützung der Eltern und die schlechten Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund.
Unterrichtsministerin Schmied sah sich durch den Bericht "gestärkt und unterstützt". Dem von der OECD festgestellten Einfluss von Interessengruppen (wie Gewerkschaften oder Länder) wolle sie faktenbasierte Bildungspolitik entgegenstellen. Sie hofft dabei auf einen "stärkeren politischen Konsens in der Bundesregierung".
Auch Wissenschaftsminister Hahn will den Bericht für eine Diskussion "frei von Ideologie" verwenden. Die Vorteile, die die OECD durch Studiengebühren aufzeige, seien alle belegbar, schließlich hätte es von 2001 bis 2008 Studiengebühren gegeben. Das vorgeschlagene Kreditmodell sei "spannend und verfolgenswert".
Siehe auch:
Österreich zu wenig produktiv