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OECD: Jetzt auf die sanfte Tour

Von WZ-Korrespondent Steffen Klatt, St. Gallen

Wirtschaft
Steuerhinterziehungen sollen genauer unter die Lupe kommen. bilderbox

Weltweites Abprüfen der Kontodaten? | OECD hat Kurswechsel vollzogen. | Paris. Ein Steuerabkommen zwischen den Niederlanden und der Isle of Man interessiert normalerweise kaum eine Handvoll Spezialisten. Das Abkommen dagegen, das Mitte Oktober zwischen dem Königreich an der Nordsee und dem britischen Kron-Territorium in der Irischen See abgeschlossen wurde, ist ein Meilenstein auf dem Weg zum gläsernen Steuerbürger. Die Isle of Man verpflichtete sich, auf Anfrage Informationen über Konti niederländischer Steuerbürger an deren Steuerbehörden weiterzugeben.


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Das Abkommen ist das erste seiner Art. Bereits einen Monat später, am 15. November, folgte ein ähnliches zwischen Australien und Bermuda, ebenfalls ein Steuerparadies unter britischer Hoheit. Wenn es nach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) geht, soll es nicht dabei bleiben. Laut Grace Perez-Navarro vom OECD-Sekretariat in Paris wird derzeit über 40 ähnliche Abkommen zwischen OECD-Ländern und Steuerparadiesen verhandelt.

Bei allen geht es um die Abschaffung des Bankgeheimnisses. Steuerbehörden sollen den Geldern nachspüren können, die ihre Bürger irgendwo in der Welt versteckt haben.

Nur wenige leisten

Widerstand

Damit hat die OECD einen Kurswechsel vollzogen. Lange hatte sie versucht, das Bankgeheimnis mit einem Mal weltweit abzuschaffen. Den Auftrag dazu hatte sie von den G7 erhalten, den sieben größten Industrienationen. Diese erklärten 1996 die Steuerhinterziehung zu einem der globalen Probleme. Um sie zu verhindern, sollten Steuerbehörden weltweit Zugriff auf Konti ihrer Bürger erhalten.

In der OECD, dem Klub der 30 reichsten Industriestaaten, wandte sich zunächst nur die Schweiz dagegen, später Luxemburg, Österreich und Belgien. Diese fühlen sich bestärkt durch die im Juli in Kraft getretene EU-Zinsbesteuerung. Diese hat zwar für 22 EU-Länder den Informationsaustausch eingeführt. Aber die Länder mit Bankgeheimnis dürfen dieses einstweilen behalten und eine Zinssteuer einführen.

Die OECD hatte parallel dazu Druck auf kleinere Steuerparadiese ausgeübt. Schon 1998 erließ sie eine Schwarze Liste solcher Kleinstaaten, die von der Steuerhinterziehung profitieren. Von den rund 40 Staaten gaben 33 nach und verpflichteten sich im Prinzip, das Bankgeheimnis abzuschaffen - wenn es auch alle andern tun. Fünf Kleinstaaten blieben hartnäckig, darunter Liechtenstein und Monaco.

Als Beobachter

eingeladen

Jetzt verlangt die OECD nicht länger Prinzipienerklärungen, sondern verwirklicht ihr Ideal vom gläsernen Bürger dort, wo der Widerstand am geringsten ist. Zugleich bezieht sie andere Länder in ihre Bemühungen ein. So haben sich inzwischen China, Hongkong, Macao und sogar Russland prinzipiell zum Informationsaustausch zu Steuerzwecken bereiterklärt.

Auch gegenüber den Ländern mit Bankgeheimnis zeigt sich die OECD wieder freundlicher: Diese wurden zu einer Konferenz der Gegner des Bankgeheimnisses, dem "Global Forum", Mitte November im australischen Melbourne als Beobachter eingeladen. Die Angesprochenen reagierten unterschiedlich.

Die einen kamen, wie die Schweiz, Österreich und Monaco. Dort habe man die Kontakte zu Steuerexperten anderer Länder pflegen, heißt es aus dem Schweizer Finanzministerium. Die andern ließen sich entschuldigen, wie Luxemburg, Belgien und Liechtenstein. Die zuständigen Beamten seien zu beschäftigt gewesen, sagt Guy Schuller vom luxemburgischen Presseamt.

Industrieländer

wollen Geld zurück

Im weltweiten Kampf gegen das Bankgeheimnis geht es nicht um die Isle of Man oder Bermuda. Es geht um die Großen im Geschäft. Allein in der Schweiz wird ein Drittel des weltweit im Ausland angelegten Vermögens verwaltet.

Ein guter Teil davon ist der Steuer entzogen. Der Finanzplatz Luxemburg verdankt seinen Aufschwung seit den 80er Jahren zum Teil dem Bankgeheimnis. Auch Österreich hat lange von deutschen Steuerhinterziehern profitiert. Umgekehrt überrascht es nicht, dass gerade Industrieländer mit großes Haushaltslöchern gegen das Bankgeheimnis ins Feld ziehen. Der Steuerungsgruppe des "Global Forum" gehören unter anderem Deutschland, Frankreich, Italien und die USA an.

Grace Perez-Navarro gibt zu, dass die OECD bei der weltweiten Abschaffung des Bankgeheimnisses nicht so schnell vorangekommen sei wie beabsichtigt. Aber am Ziel werde festgehalten. "Wir setzen unsere Arbeit fort."