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Nationalbanken sind kein Ort, um Revolutionen anzuzetteln. Finanzmärkte brauchen gerade in stürmischen Zeiten die Gewissheit, dass zumindest bei den Banken der Banken alles im Lot ist. Wenn der neue Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, bei seinem Amtsantritt also Kontinuität verspricht, gehört dies zum Pflichtprogramm stabilitätsfördernder Kommunikation.
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Tatsächlich dürfte sich etwa im Bereich Zinspolitik wenig ändern: Nowotny betonte am Freitag - einen Tag nach seiner ersten Teilnahme an einer Zinssitzung der Europäischen Zentralbank -, dort auf einen großen gemeinschaftlichen Konsens gestoßen zu sein. Letztlich eint die Notenbank-Präsidenten der Euro-Zone die Pflicht, für Preisstabilität zu sorgen. Dass Nowotny hier eine radikal andere Linie einschlagen wird als sein Vorgänger Klaus Liebscher, ist nicht zu erwarten.
Ein Stilwandel bahnt sich jedoch beim Auftreten der OeNB im Inland an: Nowotny will sich in - letztlich politischen - Fragen der Preis- und Budgetstabilität nicht auf das warnende Heben des Zeigefingers beschränken, sondern eine ungleich aktivere Rolle einnehmen. So soll die Notenbank nach der Nationalratswahl einen Schulterschluss aller maßgeblicher Gruppierungen in Sachen Inflationsbekämpfung initiieren. Auch zur seit Jahren vor sich hinsiechenden Staats- und Verwaltungsreform könnte die OeNB konkrete Vorschläge erarbeiten.
Gespannt darf man sein, wie sich der parteipolitische Hintergrund des neuen Gouverneurs auf die Positionierung der Notenbank auswirken wird: Der ÖVP-nahe Liebscher war zuletzt im Beisein von ÖVP-Chef und Finanzminister Wilhelm Molterer noch scharf gegen Wahlkampfversprechen der SPÖ wie das Senken der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel eingetreten. Nowotny - seines Zeichens ehemaliger SPÖ-Nationalratsabgeordneter - ließ am Freitag durchblicken, dass eine solche Maßnahme durchaus das Potenzial haben könnte, die Inflation zu senken.
Auf der anderen Seite will der Wirtschaftsprofessor jedoch ein starkes Zeichen gegen die - seiner Meinung nach zu Unrecht oft vermutete - parteipolitische Vereinnahmung der OeNB setzen: So soll am strikten Proporzsystem, das seit Jahrzehnten Personalbesetzungen in der Notenbank mitbestimmt, gerüttelt werden. Derzeit läuft erstmals in der Geschichte der OeNB ein externes Ausschreibungsverfahren für einen Hauptabteilungsleiter. Medienberichten zufolge macht sich der neue Chef mit dieser Linie hausintern nicht nur Freunde.
Was die oberste Führungsriege angeht, bleibt bis auf weiteres aber ohnehin alles in gewohnten Bahnen: Dem sozialdemokratischen Gouverneur steht mit Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl ein ÖVP-naher Präsident des Generalrats gegenüber.
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