"Es steht auf Messers Schneide." | Verhandlungen festgefahren, Frist bis Ende März. | Brüssel. Die Supermarktregale und Esstische in der EU könnten schon bald von Klonfleisch und neuartigen Speisen, die Nanopartikeln enthalten, geflutet werden, ohne dass diese Produkte gekennzeichnet oder sonst wie kontrolliert werden könnten. Dieses Szenario zeichnen zumindest die beiden Europaabgeordneten Peter Liese von der CDU und Richard Seeber von der ÖVP für den Fall, dass die festgefahrenen Verhandlungen mit Kommission und Mitgliedstaaten über ein neues EU-Gesetz für neuartige Lebensmittel im März scheitern.
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"Es steht auf Messers Schneide", so Liese. Weil es sich um den letzten Anlauf zur Rettung des Pakets handelt, wanderte der bisher ausgearbeitete Rechtstext in den Papierkorb. Vorläufig gebe es dann überhaupt keine neue Regelung für den heiklen Bereich.
Hauptstreitpunkt sei, dass das Parlament auch ein EU-Verbot für das Fleisch und die Milch von Nachkommen geklonter Tiere verlange, so Liese. Denn die Klone selbst seien kostspielig und würden höchstens für die Zucht geschaffen, die Erträge würden mit den Nachkommen generiert. Für die Durchsetzbarkeit dieser Forderung müsse zudem ein System für die Rückverfolgbarkeit einführt werden. Das müsse nicht unbedingt besonders teuer sein. Notwendig sei bloß eine Überprüfung durch Stichproben. Und eine Preiserhöhung um einen Cent pro Kilo Fleisch sei verkraftbar, wenn man dafür die Sicherheit habe, kein Klonfleisch am Tisch zu haben.
Hauptgrund für die Opposition zum Klonen sei der Tierschutz, so Liese. Schließlich habe sogar die sonst nicht zimperliche EU-Lebensmittelbehörde Efsa darauf verwiesen, dass sich "die Gesundheit und das Wohlergehen eines großen Anteils von geklonten Tieren als stark beeinträchtigt herausgestellt haben, häufig mit ernsten und tödlichen Folgen." Allerdings könne das Fleisch von geklonten Rindern und Schweinen ohne Gefahr für die menschliche Gesundheit verzehrt werden, hatten die Efsa-Experten erklärt.
Die Kommission hatte sich zwar bereiterklärt, Lebensmittel, die direkt vom Klon kommen, verbieten zu lassen. Bei den Nachkommen sträubt sie sich aber. Vor allen fürchtet sie sonst Schwierigkeiten mit der Welthandelsorganisation WTO. "Lächerlich" findet der CDU-Experte das zweite Argument, dass das Einfuhrverbot nicht durchsetzbar sei, weil das Klonfleisch nicht von normalem Fleisch unterscheidbar sei. Schließlich sei man auch gegen den illegalen Einschlag von Hölzern mit Kennzeichnungspflichten vorgegangen. Illegal geschlagene Bäume unterschieden sich von legal geschlagenen in der Zusammensetzung überhaupt nicht.
Etikett als Kompromiss?
Doch bei den Klontieren arbeite die Zeit leider für die Mitgliedstaaten, bedauerte Seeber. Diese seien rechtlich im Vorteil, politisch jedoch nicht, weil laut Umfragen 75 Prozent der Menschen gegen das Klonen von Tieren für die Lebensmittelgewinnung seien, so Liese. Als Kompromiss könne er sich eine eindeutige Etikettierung des Klonfleisches vorstellen, was einem Verbot wohl de facto gleichkomme. Ähnliche Ideen hatten auch Diplomaten bereits zirkuliert. Nur wenn die Verhandlungen endgültig scheitern, kommt auch die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, die Nanopartikel enthalten, nicht. Auf diesen Teil des neuen EU-Gesetzes hätten sich Parlament und Mitgliedstaaten bereits geeinigt.
Bisher hat in der EU übrigens niemand um die Genehmigung von Klonfleisch angesucht, was aufgrund der gegenwärtigen Rechtslage mit Efsa-Sanktus möglich wäre. Fleisch von Nachkommen von Klontieren sei jedoch bereits großflächig am britischen Markt aufgetaucht, erzählte Liese.