)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Büro eines Werbetexters darf man sich vermutlich wie eine Zwickmühle vorstellen. Von der einen Seite kommt die Forderung: Knackig, knapp! Von der anderen der Befehl: Originell, emotional! Im Glücksfall lässt sich das vereinen, wie im Nutella-Slogan: "Der Morgen macht den Tag." Die Sache kann aber auch in die Hose gehen, wie derzeit auf hiesigen Plakaten. Die Wienwahl gerät zum Wettstreit teils fragwürdiger Sprüche.
"Leistung für Wien" fordert etwa die ÖVP. Was eine Deutung nahelegt, die die Partei wohl kaum bezweckt: Wien solle mehr (Sozial?-)Leistungen erhalten. Seltsam eine Frage der Grünen: "Wer schaut aufeinander, wenn nicht Wien?" Klar, was gemeint ist. Aber wie schaut Wien - aufeinander?
Die befremdlichste Mobilisierungskampagne kam zuletzt aber von jemandem, der gar nicht wahlkämpft: Coca Cola. Der Konzern bewarb seine braune Brause nicht mit Sommer, Sonne und Schönheiten, sondern mit Solidaritätsgefühlen. Kalkül: Was der Menschheit in der Covid-Krise hilft, könnte auch einer Koffeinlimo nützen. Auf den Plakaten sah das wie unfreiwillige SPÖ-Satire aus. Auf roter Fläche war zu lesen: "Nie wieder werde ich vergessen, wie viel stärker wir zusammen sind." Oder: "Lasst uns offen für das Neue bleiben. So offen wie nie zuvor." Jetzt nichts gegen Aufgeschlossenheit. Aber dieses Gelübde ist grotesk im Kontext einer Weltmarktkonstante. Und das Gebot "offen bleiben wie nie zuvor" eher schwer umsetzbar. Aber zumindest ist das alles eine frohe Botschaft für Werbetexter: Man muss nicht Rilke sein, um die dicken Etats einzustreifen.