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Prügel für falsche Frisur oder gezupfte Augenbrauen. | Gesellschaft soll stärker islamisiert werden. | Teheran. Grimmiger Blick, schwarzer Tschador und ein schroffer Umgangston: Die Frauen von Irans Zensur- und Sittenbehörde haben in dieser Woche an mehreren Hauptverkehrsknotenpunkten Frauen verwarnt, verhaftet oder bestraft, die sich nicht an den islamischen Sittenkodex halten.
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Auch ihre männlichen Kollegen von den paramilitärischen Bassij-Milizen und der Teheraner Polizei gehen verstärkt gegen Frauen und junge Männer vor, die gegen die strengen islamischen Bekleidungsvorschriften des Gottesstaates verstoßen. In den vergangen Tagen wurden laut Oppositions- und Augenzeugenberichten auf mehreren Plätzen der Hauptstadt rigorose Razzien durchgeführt und rund 400 Menschen verhaftet.
"Es läuft immer nach demselben Schema: Sie kommen auf dich zu, versuchen das berühmte Haar in der Suppe zu finden, und die Lawine an Unannehmlichkeiten beginnt. Passt dein Kopftuch, kontrollieren sie die Fingernägel, passen auch die, versuchen sie etwas an deinem Make- up oder deiner zu gebräunten Gesichtsfarbe auszusetzen. Letztlich ziehst du immer den Kürzeren", so Nilufar Y. im Telefon-Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
"Polizeikontrollen hat es auch in Privatfirmen gegeben", ergänzt ihre Freundin Shaghayegh. "Bist du einmal im Visier der Kontrolleure, musst du mitgehen und im Revier mehrere Predigten und sonstige Schikanen über dich ergehen lassen. Geld- und Gefängnisstrafen, Peitschenhiebe und eine Vormerkung im Personalakt bei Polizei und Geheimdienstministerium sind nur einige der Strafen, mit denen man rechnen muss."
Der stellvertretende Polizeichef von Teheran, Ahmad Reza Radan, hat auch weiterhin strenge Kontrollen angekündigt. Autos mit Paaren müssen damit rechnen, dass sie nach Heiratsurkunden gefragt werden. Burschen mit westlichen Frisuren oder gezupften Augenbrauen müssen entweder drastische Geldstrafen oder Gefängnisaufenthalte in Kauf nehmen.
Puppe als Falle
Auch die illegale Prostitution steht im Visier der Sittenwächter: Hierzu wurde auf einer Autobahn östlich von Teheran eine lebensecht wirkende Puppe in Frauenkleider gehüllt. Selbstverständlich in islamisch korrekter Kleidung - sprich den Körper mit einem Mantel und das Haar mit einem Schal bedeckt.
Wer allerdings auf die Frauenattrappe hereinfällt, indem er anhält, sie laut anhupt oder ihr auch nur ein Zeichen mit der Lichthupe gibt, der ist der Zensurbehörde ins Netz gegangen. Die bezichtigt den Autofahrer dann des Verdachts der illegalen Prostitution und beschlagnahmt sein Fahrzeug. Gegen Zahlung einer Geldstrafe kann er es erst Tage später wieder abholen.
Schon seit Beginn der islamischen Revolution 1979 gelten sehr strenge Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften. In den 1990er Jahren entspannte sich dann die Situation, nun soll aber die Re-Islamisierung der Gesellschaft nach dem Willen der Führung hurtig voranschreiten. Denn seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad 2009 versucht die Jugend, sich noch westlicher zu geben. Das alles fällt unter das Stichwort Sünde und kann mit Geldstrafen bis zu umgerechnet 4800 Euro belegt werden. Derzeit berappt man in Teheran für das Tragen einer Sonnenbrille 30 Euro, ein zu kurzer Mantel kostet 48 Euro Strafe.