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Öffentliche Vergabe, neu geregelt

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Auch neue Regeln für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.


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Brüssel. Kleinere und mittlere Unternehmen sollen künftig EU-weit leichter an öffentliche Aufträge kommen. Das sieht ein Reformvorschlag über das öffentliche Vergabewesen vor, den EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier in Brüssel vorgestellt hat.

Zudem sollen die sogenannten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse neu geregelt werden. Sie waren bei der legendären Dienstleistungsrichtlinie ausgespart worden und sind seither ein heikles Thema und ein Zankapfel der politischen Kräfte in Europa.

In einem Extra-Richtlinienvorschlag würden auch die Vorschriften für Konzessionsvergaben durch den öffentlichen Sektor neu geregelt. Betroffen davon sind neben Dienstleistungen wie Energie- und Wasserversorgung sowie Müllentsorgung auch die Finanzierung der Entwicklung von Infrastrukturprojekten - etwa die Ermächtigung zur Einnahme von Hafengebühren, Straßenmaut oder Kostenerstattungen für den Betrieb von Parkhäusern. Insgesamt könnten mit den Neuregelungen bis zu 70 Milliarden Euro Euro jährlich gespart werden, meint die EU-Kommission.

Öffentliche Vergabe für 420 Milliarden Euro pro Jahr

Die öffentliche Vergabe in der EU umfasst nach Kommissionsangaben einen Markt von 420 Milliarden Euro pro Jahr. Bewerber müssten demnach geringere Anforderungen erfüllen, der Kriterienkatalog für Regional- und Lokalbehörden soll gestrafft sowie die Berichtspflichten vereinfacht werden. Außerdem wird auf elektronische Abwicklung der Ausschreibungen gesetzt. Die Auftragnehmer sollen mit ihren Klienten mehr Möglichkeiten zur Verhandlung über das Angebot erhalten, die Fristen für die Auftragserteilung würden verkürzt, um die Planungssicherheit zu erhöhen.

Aufträge der öffentlichen Hand - für Bauvorhaben wie Dienstleistungen - müssen ab einem bestimmten Wert europaweit ausgeschrieben werden. Die Werte werden nicht infrage gestellt. Vor allem kleinere Unternehmen schreckten derzeit aber vor den hohen Bewerbungskosten zurück, sagte Barnier: "Wir versuchen, die Kosten für die bürokratischen Anforderungen zu senken." Der Reformvorschlag sieht daher vor, dass nur noch der letztlich ausgewählte Dienstleister sämtliche Projektunterlagen einreichen muss. Zudem soll ein öffentlicher Auftrag auf mehrere Dienstleister verteilt werden können.

So heikel ist der Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem und allgemeinem wirtschaftlichen Interesse deshalb, weil es sich dabei um Bereiche handelt, die auf eine gewisse finanzielle Unterstützung aus den Staatshaushalten angewiesen sind. Ansonsten wären sie nicht in der notwendigen hohen Qualität zum Wohl der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Andererseits müssen sich die Subventionen auf den geringst nötigen Beitrag beschränken, um den Wettbewerb am Binnenmarkt nicht zu verzerren. Um den Verwaltungsaufwand in Grenzen zu halten, mussten schon bisher nur staatliche Unterstützungszahlungen über einer sogenannten De-Minimis-Grenze von 200.000 Euro über drei Jahre vorab an die Kommission gemeldet werden. Jetzt überlegt Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia, diese Schwelle künftig auf 500.000 Euro anzuheben.

Neben Krankenhäusern und Projekten des sozialen Wohnbaus sollen künftig auch Sozialdienstleistungen einen Sonderstatus erhalten. Für alle anderen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse will die Kommission dafür künftig bereits ab einem Subventionsvolumen von 15 Millionen Euro eine umfassendere Prüfung vornehmen. Bisher war die Schwelle dafür bei 30 Millionen Euro.

Den Vorschlägen der EU-Kommission müssen das Europaparlament und der Ministerrat, in dem die 27 EU-Regierungen vertreten sind, zustimmen. Somit könnten die Regelungen frühestens Mitte 2014 in Kraft treten.