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Öffentlichkeitsarbeit mit Steuergeld

Von Engelbert Washietl

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Zeitungen verlangen zur Rettung ihres Ansehens, den unkontrollierten Wildwuchs der "Polit-Inserate" einzudämmen .


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Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) ist optimistisch, dass die massiven Geldzuwendungen staatlicher, öffentlicher und halböffentlicher Institutionen an einzelne Zeitungen künftig durchschaubar werden. Besonders im Wiener Landtagswahlkampf 2010 zeigte sich, dass die damals noch von der SPÖ allein regierte Stadt Wien samt ihren verzweigten Wirtschaftsunternehmen geradezu eine Drehscheibe für Geldflüsse zu bestimmten Medien wurde. "Politische Öffentlichkeitsarbeit" heißt das Stichwort, Kritiker vermuten dahinter glatte politische Schleichwerbung. "Krone", "Heute" und "Österreich" wurden mehrfach als Hauptbegünstigte der öffentlichen Auftragsvergabe genannt.

Der Zeitungsverbandspräsident Hans Gasser hat schon vor einigen Monaten einen Vorstoß unternommen, um der Verwilderung der Sitten Einhalt zu gebieten. Sein inzwischen auch mit Bundeskanzler Werner Faymann und dem zuständigen Medienstaatssekretär Josef Ostermayer besprochener Vorschlag lautet, dass öffentliche Stellen die für Kommunikation und Medienkooperation aufgewendeten Gelder bekanntgeben sollen, möglichst gesammelt, übersichtlich und komplett. "Monatlich soll dabei veröffentlicht werden, welche Leistungen - gleichgültig ob direkt oder indirekt - von wem, von welcher Stelle an welches Medium geflossen sind, wobei auch digitale Medien inkludiert sein sollen" lautet die Position des Verbandes. Zweck sei die "Absicherung der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit"

Der Vorschlag wurde am Montag in einer außerordentlichen Sitzung des VÖZ-Vorstandes einvernehmlich bei zwei Enthaltungen abgesegnet. Es ist das ein Beschluss der "Kaufzeitungen" - die Gratisblätter "Heute" und "Österreich" gehören dem Verband nicht an, würden aber automatisch einer Transparenzregelung unterworfen werden, weil ja die Geldgeber - also die staatlichen Institutionen - meldepflichtig wären.

Und was geschieht jetzt? Der springende Punkt ist, ob sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl dazu herbeilässt, die entsprechenden Daten herauszurücken, nicht nur aus dem Rathaus, sondern dem Fernheizwerk, den Verkehrsbetrieben und anderen Wirtschaftskörpern der Stadt. Ein Einlenken Häupls ist nur denkbar, wenn auch Mediengeschäfte der übrigen Länderregierungen einbezogen werden, so dass wieder einmal eine wichtige Frage an den politischen Willen der Bundesländer geknüpft wird.

VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger sieht auf Seiten der Medien wenig Schwierigkeiten. Der Vorstandsbeschluss gelte selbstverständlich für die Bundesländerzeitungen, so dass nun eine geeignete Form gesucht werden müsse, um alle staatlichen "Öffentlichkeitarbeiter" gesetzlich oder auf dem Verordnungsweg zur Transparenz zu verpflichten. Denkbar wäre eine Novelle zum Mediengesetz, der Zeitungsverband befürwortet den Einbau einer entsprechenden Transparenzklausel in das Vergabegesetz.

Es wäre ein wichtiger Schritt, nicht nur um Wettbewerbsverzerrungen auszuschalten, sondern Zeitungen vom Verdacht zu befreien, dass sie käuflich seien. Man sieht: nicht nur Ungarn hat ernsthafte Probleme mit der Pressefreiheit, auch in Österreich rissen in den vergangenen Jahren Gebräuche ein, die Leser mancher Zeitungen zweifeln ließen, ob manche Redaktionen noch unabhängig von politischer Beeinflussung handelten.

Der Autor ist Sprecher der "Initiative Qualität imJournalismus"; zuvor "Wirtschaftsblatt, "Presse" und "Salzburger Nachrichten".