Statt über steigende Spritpreise zu jammern, sollten lieber im öffentlichen Verkehr das Angebot verbessert und die Fahrpreise gesenkt werden.
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Ein inflationsbereinigter Vergleich der Statistik Austria über die Entwicklung der Treibstoffpreise im Vergleich zu den Bahntarifen entlarvt das übertriebene Muskelspiel der Autolobby, auf das sowohl die Politik als auch die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer reinfallen.
Laut Statistik Austria sind seit 1986 die großen Verlierer die Kunden des öffentlichen Verkehrs, die nicht nur mit einer markanten Erhöhung der Tarife (bis zu 50 Prozent), sondern auch mit einer Ausdünnung des Fahrplanangebotes leben mussten. Erst ein Einfrieren der Bahntarife in den Jahren 2010/2011 sorgte für annähernden Gleichstand. Allerdings konnten die Autopendler ihre finanzielle Situation noch durch regelmäßige Erhöhungen der Pendlerpauschale verbessern.
Gänzlich verzerrt sich das Bild zugunsten der Förderung des Autoverkehrs durch steuerbegünstigte Dienstwagen, die laut einer EU-Studie des VCÖ 1,6 Milliarden Euro ausmachen. Die Pendlerpauschale als Freibetrag kostet den Staatshaushalt jährlich an die 1,2 Milliarden Euro. Die angedachte Änderung des Freibetrages in einen Absetzbetrag mag das steuerliche und verkehrliche Ungleichgewicht zwischen Auto- und Bahnpendlern lindern, aber keinesfalls beseitigen.
Dem öffentlichen Verkehr fehlt für das Bahn- und Busangebot die Finanzierung, weil die politische Bereitschaft des Bundes, aber auch der Länder für ein flächendeckendes Angebot fehlt. Ein Stehsatz lautet: "Ein Milliardenprojekt ist leichter zu finanzieren als ein durchgehender Zweistundentakt zwischen Salzburg und Graz um acht Millionen Euro."
Trotzdem: Die Rückmeldungen von Verkehrsunternehmen, dass Pendler vermehrt auf Bus und Bahn umsteigen, zeigen, dass ein steigender Spritpreis einen gewissen Lenkungseffekt hat. Dieser Trend zum Umsteigen sollte die Verantwortlichen in Bund und Ländern beflügeln, das Öffi-Angebot markant zu steigern.
Faktum ist, dass für die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stehen, nur die Verwendung ist sowohl im Straßen- als auch im Bahnbereich zu hinterfragen. Ein Blick in die Schweiz weist den Weg. Dort wurde der Agglomerationsfonds "FABI" (=Finanzierung und Ausbau von Bahninfrastruktur) mit sechs Milliarden Schweizer Franken geschaffen, aus dem nur Projekte gefördert werden, deren Fahrplan-Nutzen von vornherein gegeben ist.
In Österreich werden Bahnausbauten politisch verordnet, wie zum Beispiel der Brenner-Basistunnel. Dessen Milliardeninvestitionen, ohne verbindliche EU-Zusagen über die Verlagerung auf die Schiene, fehlen im innerösterreichischen Lückenschluss für einen integralen Taktfahrplan von Bahn und Bus mit kurzen Reise- und Umsteigezeiten und gesicherten Anschlüssen.
Ziel von Bund und Ländern sollte also ein flächendeckendes Bahn- und Busangebot sein, das zwischen 5 und 24 Uhr jeden Ort erreichbar macht. Die zwei Milliarden Euro pro Jahr für Pendlerpauschale und Dienstwagenförderung dafür einzusetzen würde dem Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung eher gerecht als das ständige Lamento über Spritpreis-Erhöhungen im Cent-Bereich.