Zum Hauptinhalt springen

Öffnung statt US-Imperialismus

Von Ines Scholz

Politik

Wien - Mehrere irakische Oppositionsgruppen setzen angesichts der US-Invasion auf einen Dialog mit dem Regime von Saddam Hussein.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Amerikaner und Briten werden bei ihrer Invasion von der irakischen Bevölkerung euphorisch als die großen Befreier gefeiert werden, waren die Regierungen in Washington und London überzeugt. Doch die Begeisterungsstürme blieben aus. Einfache Beduinen halten stolz ihre Kalaschnikows in die Fernsehkameras und skandieren Anti-US-Slogans, in Guerillamanier werden im Südirak, wo die Opposition traditionell sehr stark ist, Konvois angegriffen, die Städte Basra, Nasirijah und Kerbala sind noch immer nicht gänzlich unter Kontrolle der Allierten. Die Antipathie des Volkes gegen die anglosächsischen Eroberer übertrifft den Hass gegen das Regime von Saddam Hussein, was mittlerweile auch US-Militärstrategen zugeben mussten.

Auch eine Gruppe irakischer Oppositionsparteien hat nun ihren Untergrundkampf gegen das Saddam-Regime angesichts der aktuellen Lage hintangestellt. Einen Schulterschluss mit den Invasoren zum Sturz des Herrschers von Bagdad lehnt das Bündnis - im Gegensatz zu den einstigen Verbündeten im Kampf gegen Saddam, die "Demokratische Partei Kurdistans" Massud Barzanis und die "Patriotische Union Kurdistans" Jalal Talabanis - kategorisch ab. "Wir glauben nicht, dass Demokratie mit Bomben erreicht wird. George W. Bush und Toni Blair streben das auch gar nicht an", meint Abdal Jabbar Al-Kubaysi, Vorsitzender der Irakischen Nationalen Allianz (INA), eines Bündisses aus acht Oppositionsparteien gegenüber der "Wiener Zeitung".

"Deren Ziel ist es einzig, das arabische Erdöl und damit die Weltwirtschaft zu kontrollieren, Israels Interessen zu sichern und die Region zu rekolonialisieren", meint der Doyen des linken Flügels der Baath-Partei, der bis in die 70er Jahre im irakischen Untergrund agierte und wegen seines politischen Engagements fast drei Jahre im Gefängnis saß. 1976 floh der 60-Jährige nach Syrien, seine Familie wurde in Folge von Saddam Husseins Regime brutal verfolgt. Dennoch hat Al-Kubaysi die Hoffnung auf nationale Versöhnung und einen demokratischen Wandel nicht aufgegeben. Erste Kontakte mit dem Regime von Saddam Hussein gab es bereits, im November reiste eine hochrangige Delegation der INA nach Bagdad, um ihre Forderungsliste zu deponieren: eine neue Verfassung, ein Ende des Medienmonopols der Regierung, freie Universitäten und die Unabhängigkeit der Justiz. "Das Signal, das wir bekamen, war positiv", so Al-Kubaysi. Im Sommer werden die ersten Dissidenten nach Bagdad heimkehren. Bis dahin werden die USA das Land nochlange nicht unter Kontrolle haben, ist Al-Kubaysi überzeugt.