"Was können wir besser machen? Wie können wir verhindern, dass wir weiter Mitglieder und damit Geld verlieren?" Und vor allem: Wie gewinnen wir nach dem Bawag-ÖGB-Debakel an Vertrauen zurück?
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Mit diesen Fragen muss sich der ÖGB derzeit herumschlagen. Anstatt selbst Lösungen hervorzubringen, wurde eine erste vertrauensbildende Maßnahme gesetzt: Bei einer groß angekündigten Mitgliederbefragung von 4. September bis 18. Oktober wurde Herr und Frau Österreicher aufgefordert, ihren neuen ÖGB zu schaffen. Der Rücklauf würde ernst genommen werden, hieß es.
Doch von den 1,3 Millionen ÖGB-Mitgliedern fühlten sich nur 55.994 und 2333 Nicht-Mitglieder angesprochen. Der Rücklauf ist damit mit 4,4 Prozent ernüchternd. Er versetzt dem ÖGB einen weiteren Rückschlag.
Vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Bei der erstmals vom ÖGB durchgeführten Urabstimmung im Jahr 2001 nahmen rund 800.000 Mitglieder teil. Das entsprach 56,6 Prozent der damals 1,4 Millionen Wahlberechtigten.
Doch kurz nach der Bildung der blau-schwarzen Regierung im Jahr 2000 ging es auch um konkrete Bedrohungsszenarien. Der ÖGB ging auf Konfrontation mit der Regierung, die eine Pensions-, Gesundheitsreform und eine Reform des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger plante.
Der ÖGB appellierte in der Urabstimmung an die Mitglieder mit konkreten Fragen: Wir fordern die Beibehaltung der Pflichtversicherung, wir fordern einen Anspruch auf Abfertigung ab dem ersten Tag", waren zwei der sieben Forderungen, denen man zustimmen konnte. Jedes Mitglied erhielt den Fragebogen per Brief direkt nach Hause.
Diesmal war das nicht der Fall. Der Fragebogen war lediglich in einer Ausgabe der Mitglieder-Zeitschrift "Solidarität" zu finden. Wer darin nicht gezielt suchte, wurde nicht fündig. Wer die Homepage des ÖGB kannte, und wer wusste, dass man dort abstimmen konnte, konnte mitmachen.
Ein direktes Anschreiben der Mitglieder wäre mit Kosten verbunden gewesen, heißt es dazu aus dem ÖGB. Und Ausgaben könne man sich momentan nicht leisten. Ein großer Rücklauf konnte so nicht gelingen.
Auch spornten die Fragen kaum an: Dass die meisten gegen Doppelbezüge der Funktionäre, für mehr Transparenz und einen kämpferischen ÖGB sind, schien schon vor der Präsentation der Ergebnisse auf der Hand zu liegen.
Der Zwist zwischen ÖGB und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) wirkt ebenfalls eher abschreckend. GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer lässt schon jetzt dem ÖGB ausrichten, kein Interesse an einer "finanziellen" Verbundenheit zum ÖGB zu haben. Die GÖD stellte einen Antrag auf mehr finanzielle Eigenständigkeit vom ÖGB. FSG-Chef Wilhelm Haberzettl warf Neugebauer eine "egoistische Haltung" in Sachen Reform vor.
Dem ÖGB dürfte es bis Jänner wohl nicht gelingen, den großen Wurf in Sachen Reform zu machen.