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Als "unsozial" wird das schwarz-blaue Regierungsprogramm in einer vom gestrigen Bundesvorstand des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) verabschiedeten Resolution bewertet. Diese ist von allen | Gewerkschaftern · auch von den christdemokratischen, nicht aber von den freiheitlichen · angenommen worden.
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"Wir sehen einen Trend dahingehend, dass Unternehmer, Bauern und Zinshausbesitzer zu Lasten der Arbeitnehmer bevorzugt werden", betonte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch. Diese Tendenz ziehe sich
"wie ein schwarz-blauer Faden" durch das gesamte Regierungsprogramm. Reformen für die Arbeitnehmer wie eine bessere Weiterbildung fehlten, die Mittel für die Beschäftigungsprogramme würden gekürzt.
Zur Bekämpfung von Schwarzarbeit seien keine Maßnahmen vorgesehen, dadurch würde der Staat mehr als hundert Milliarden Schilling (durch den Entgang von Sozialversicherungsbeiträgen) verlieren,
rechnete Verzetnitsch vor. Das Hinaufsetzen des Pensionsantrittsalters sei "eine kurzfristige Geldbeschaffungsaktion zum Stopfen von Budgetlöchern". Der ÖGB befürchtet hier um rund 20.000 Arbeitslose
mehr bis 2003. Statt dessen sollten die Qualifizierungsmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer verstärkt werden.
Neben den Verschlechterungen bei der Urlaubs- und der Abfertigungsregelung drohe außerdem ein "Ausverkauf" österreichischer Unternehmen. ÖVP und FPÖ wollen um jeden Preis privatisieren, so
Verzetnitsch, der zu "mehr Verantwortung im Interesse der österreichischen Wirtschaft" mahnt.
Der ÖGB will sich Gesprächen mit der neuen Regierung nicht entziehen, kündigt aber Widerstand an. Das bedeute nicht automatisch Streik. Bei der neuen Pensionsreform gibt Verzetnitsch zu bedenken,
dass die Regelung, die gegen den Vertrauensschutz verstoße, vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden könnte.
Die ÖGB-Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe und einer Gleichstellung der Arbeiter- mit den Angestelltenrechten bleibt aufrecht.
Neo-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) sprach in seiner Reaktion von "unsachlicher Panikmache". Wirtschaftsbund-Obmann Christoph Leitl meinte, es gebe keine "Schieflage".