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ÖGB-Reform via Medien

Von WZ Online

Politik

Die Geschehnisse rund um Bawag und ÖGB standen auch am Wochenende im Zentrum der innenpolitischen Debatte. Dabei nutzten ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer und GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer Druckmedien, um ihre Vorstellungen der ÖGB-Reform kundzutun. Bereits am Samstag hatte ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider festgehalten, dass der Verkauf der Gewerkschaftsbank BAWAG P.S.K. weniger als 2,5 Mrd. Euro bringen wird. Die ÖGB-Schulden bezifferte er mit zwei Mrd. Euro.


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Rudolf Hundstorfer hat in einem Gastbeitrag für die "Kronen Zeitung" (Sonntag-Ausgabe) einen "schlanken, schnellen, aktiven und durchschlagskräftigen" Gewerkschaftsbund nach der geplanten ÖGB-Reform angekündigt. Der ÖGB-Präsident ortet in Folge des BAWAG-Skandals bei so manchen "Schadenfreude"; "Freut euch nicht zu früh!", richtet Hundstorfer jenen aus, "die mit einem starken ÖGB keine Freude haben".

Eine starke Gewerkschaftsbewegung sei jetzt wichtiger als je zuvor, schreibt Hundstorfer. Sieben von zehn Österreichern wünschten sich weiterhin einen aktiven ÖGB "als Teil der politischen Landschaft". Das gebe Mut für kommende Auseinandersetzungen und "eine mutige, umfassende, einschneidende Reform des ÖGB".

"Als ich Ende März dieses Jahres die Leitung des ÖGB übernommen habe, hätte sich niemand in seinen schlimmsten Albträumen das Ausmaß des finanziellen Desasters im ÖGB sowie die unglaublichen Vertuschungs- und Hintergehungsaktionen einiger ehemaliger Bankmanager vorstellen können. Tatsache ist auch, dass sich vor allem zwei höchste Funktionäre offensichtlich aus falsch verstandener Solidarität unwürdig verhalten haben", so Hundstorfer. Damit spielte er wohl auf seinen Vorgänger Fritz Verzetnitsch und Ex-ÖGB-Finanzreferent Günter Weninger an, die die Übernahme von rund 1,5 Milliarden Euro an BAWAG-Schulden durch den ÖGB im Rahmen der Fusion der BAWAG mit der P.S.K. durchgeführt haben sollen.

Er habe in den vergangenen Tagen in den Medien "viele falsche Verdächtigungen" richtig stellen müssen, erklärt der ÖGB-Chef in der "Kronen Zeitung". So habe er erklären müssen, "warum eine in Vertretung abgegebene Unterschrift auf einer simplen Anwesenheitsliste NICHT automatisch bedeutet, dass ich selber in die abenteuerlichen Finanzverschiebungen rund um BAWAG, PSK und ÖGB eingeweiht war". Damit nahm er Bezug auf die entscheidende Hauptversammlung von BAWAG und P.S.K. im Herbst 2005, bei der auch die Übernahme der BAWAG-Schulden durch den ÖGB fixiert wurde. Hundstorfer war dort nach eigenen Angaben in Vertretung des damaligen ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch anwesend.

Neugebauer kritisiert Hundstorfer

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Fritz Neugebauer, hat Kritik an ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer geübt: "Bei allem Stress. Wenn ich was unterschreibe, muss ich wissen, was", sagte Neugebauer gegenüber dem "Kurier" (Sonntag-Ausgabe).

Hundstorfer hatte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch bei der entscheidenden Hauptversammlung von BAWAG und P.S.K. vertreten, bei der auch die Übernahme von rund 1,5 Milliarden Euro BAWAG-Schulden durch den ÖGB fixiert wurde. Hundstorfer betont, bei der Sitzung weder von den Schulden gewusst noch etwas unterschrieben zu haben.

Neugebauers Fraktionskollegen aus den Reihen der Christgewerkschafter, Karl Klein, nahm der GÖD-Chef in Schutz. "Klein ist nicht der Täter, das waren andere." Der ÖGB-Vizepräsident hatte erklärt, dass das gesamte ÖGB-Präsidium schon im Herbst 2005 von der Übernahme der BAWAG-Schulden gewusst habe. Dies nahm er dann "als Irrtum seinerseits" zurück. Der Wiener ÖVP-Chef Johannes Hahn forderte Klein am Freitag dennoch zum Rücktritt auf. Andernfalls drohe dem FCG-Funktionär der Ausschluss aus der Partei.

Neugebauer will laut "Kurier", dass bis Ende Juni sowohl die Finanzlage des ÖGB als auch dessen Neuordnung geklärt ist - "sonst geht das im Wahlkampf weiter". Der ÖGB müsse schlank werden und nur noch die Stimme in Sozial-, Budget- und Wirtschaftspolitik gegenüber der Regierung sein. Alles andere sollten die Einzelgewerkschaften selbst machen. "Die Fachgewerkschaften bekommen Teilrechtsfähigkeit. Das heißt, sie bilanzieren alle extra. Jeder legt offen, wie viel er hat. Dann wird ein - für alle geltender - Prozentsatz festgelegt, der dem Dachverband ÖGB gegeben wird. Für dessen erbrachte Leistungen", beschreibt Neugebauer seine Vorstellungen. "Zentralismus führt dazu, dass alles an einem Gremium vorbeigeschoben wird."

Über Ex-ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch sagte der Beamtengewerkschafter: "Dass einer mit Mitgliedsbeiträgen so umgeht, ist unfassbar." In der Gewerkschaft nehme Neugebauer teilweise Gleichgültigkeit wahr, so die Zeitung. "Wer jetzt noch sagt, das war ein Betriebsunfall, dem sage ich: 'Es regnet nicht beim Dach rein, das Dach ist eingebrochen'."

Zwei Mrd. Euro ÖGB-Schulden

ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider glaubt, dass der Verkauf der Gewerkschaftsbank BAWAG P.S.K. weniger als 2,5 Milliarden Euro bringen wird. Angesichts des notwendigen raschen Handelns sei ein "Verkaufserlös von 2,5 Mrd. Euro nicht realistisch", sagte Schneider in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" am Samstag. Die Gesamtschulden des ÖGB bezifferte der Finanzreferent mit rund zwei Mrd. Euro, die kolportierten drei Milliarden seien zu hoch gegriffen.

Eineinhalb Milliarde seien im Zuge der Fusion zwischen BAWAG und PSK entstanden. Zusätzlich hat der ÖGB bei der Bayerischen Landesbank 380 Millionen Schulden. Schließlich kommen rund 230 Millionen Euro aus Verbindlichkeiten von ÖGB Töchtern, beziehungsweise Stiftungen, dazu, bestätigte Schneider die "ungeheuerlichen Summen". "Vieles" hänge nun vom Verkauf der BAWAG ab. Man hoffe, "genügend lukrieren" zu können, um alle Schulden zu tilgen, so Schneider, der angesichts des schnellen Verlaufs allerdings mit einem Erlös unter 2,5 Mrd. Euro rechnet. Einen konkreten Betrag wollte er aber nicht nennen.

Schneider verwies zugleich auf Aktivposten und Vermögenswerte wie Immobilien und Beteiligungen, die man "weitgehend" behalten müsse, um bilanzieren zu können. Ob man alles behalten wird können, werde sich nach der derzeitigen Finanz-Analyse zeigen.

Der Finanzchef bekräftigte erneut, dass im Zuge der ÖGB-Reform kein Personalabbau geplant sei. Man glaube, das "über natürliche Abgänge" machen zu können, so Schneider. Der ÖGB soll innerhalb von drei Jahren saniert sein. Schneider versicherte zudem, dass der ÖGB auch ohne Streikfonds in der Lage sei, die Arbeitnehmer zu vertreten. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Gewerkschaften in anderen Ländern.