Befristung auf zwei Jahre ist ohne ausreichende Begründung unwirksam.
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Wien. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein möglicherweise weitreichendes Urteil gefällt, das vor allem in der Hotel- und Tourismusbranche für ein Umdenken sorgen könnte: Der OGH stellte nämlich fest, dass die Befristung von Thermengutscheinen ohne konkrete Angaben von Gründen auf zwei Jahre unzulässig ist - denn grundsätzlich müssen Gutscheine 30Jahre lang gültig sein.
Die Klage gegen den Betreiber einer Plattform für Thermengutscheine führte der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Der Gerichtshof stellte schließlich klar, dass eine Verkürzung der gesetzlichen 30-Jahres-Frist nur dann erlaubt ist, wenn dafür sachlich nachvollziehbare Gründe vorliegen. "Wenn es zum Beispiel um verderbliche Waren geht oder um eine bestimmte Marge eines Produkts, dann würde es sicherlich einen triftigen Grund für eine Gutschein-Befristung geben", erörtert VKI-Juristin Sabine Hochmuth im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auch ein schlüssiger Grund wäre, wenn ein Unternehmen schon vorab wisse, dass es sich in fünf Jahren wieder vom Markt zurückziehe. "Aber ganz einfach und pauschal eine Befristung im Kleingedruckten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzubauen - da kann man mit Sicherheit sagen, das ist nun unwirksam", folgert Hochmuth aus dem OHG-Urteil.
Allerdings wird der Konsument weiterhin wachsam sein müssen und jeden Gutschein selber genau prüfen müssen - denn pauschale Feststellungen, welche Produkte davon betroffen sein könnten, fehlen im Urteil. "Man wird sich jeden Einzelfall weiterhin ganz genau anschauen müssen", meint die VKI-Juristin.
Im konkreten Fall mit den Thermengutscheinen habe der Unternehmer unter anderem ins Treffen geführt, dass er als Vermittler mit den jeweiligen Thermenbetrieben nur Einjahresverträge abgeschlossen habe. "Das wurde jedoch nicht als triftiger Grund für eine Frist anerkannt", berichtet Hochmuth.
"Gröblich benachteiligt"
Zumal die Firma für die bloße Vermittlung der Gutscheine kein unternehmerisches Risiko trage und gegenüber dem Konsumenten keine Rückzahlungspflicht übernehmen wollte. "Der OGH hat daher festgestellt, dass damit der Konsument gröblich benachteiligt ist." Der VKI hält das Urteil letztlich für "einen Fingerzeig - auch für Unternehmen. Und Konsumenten sollten sich jetzt mehr wehren", sagt Hochmuth. Gibt es dennoch Probleme, können sich Konsumenten an den VKI oder an die Arbeiterkammer wenden.
Hauptbetroffen von dem Urteil dürfte der Tourismus sein, wo solche Vermittlungsgutscheine immer mehr zunehmen. Brigitta Brunner von der Österreichischen Hoteliervereinigung will das Urteil genau prüfen lassen, hält eine Befristung für Gutscheine (etwa auf fünf Jahre) in ihrer Branche aber weiterhin für sinnvoll: "Es kann ja passieren, dass sich ein Hotel zwischenzeitlich verändert, es in eine andere Kategorie fällt, den Wellnessbetrieb schließt oder ein kinderloses Hotel wird. Dann wird es schwierig zu sagen, in 30Jahren kannst du bei mir immer noch eine Woche Urlaub machen", gibt Brunner zu bedenken. Grundsätzlich sollte ein Gutschein weiterhin leicht einlösbar sein, also nicht schon nach zwei Monaten verfallen. "Für uns ist das ein nicht zu verachtender Geschäftszweig, weil viele Gäste oft ohne Gutschein wiederkommen. Daher sollte das jetzt kein Hemmschuh für die Hotellerie werden."
"Nur einzelne Beschwerden"
Eher gelassen reagiert man im Handel auf das Urteil, wiewohl dort der Gutschein mittlerweile einen enormen Stellenwert hat; denn rund fünf Prozent des Weihnachtsumsatzes von 1,6Milliarden Euro entfallen bereits auf Gutscheine. "Auch wenn mitunter eine Frist abgedruckt ist, wird der Gutschein in der Praxis fast immer eingelöst. Meist dient das einfach dazu, dass der Konsument in absehbarer Zeit wieder kommt - und nicht erst nach 20Jahren", sagt Rudolf Thron, Geschäftsführer der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer. Beschwerden oder Probleme gebe es höchstens in "Einzelfällen".