Muss Vermieter Silikonfuge ersetzen? | Gemeinnütziges Wohnen fürchtet finanziellen Ruin. | Wien. "Wir bekommen demnächst unser zweites Kind. Wir fordern Sie auf, noch davor den Teppichboden in der Wohnung auszutauschen. Nach zehn Jahren ist er nämlich schon recht abgenützt und unhygienisch." Solche und ähnliche Briefe trudeln seit den Mietrechts-Urteilen des Obersten Gerichtshofs (OGH) täglich beim Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) ein. "Bis hin zu dem Wunsch, die Silikonfugen bei der Badewanne zu erneuern, wenn sie die berühmten schwarzen Punkte aufweisen", stöhnt der Verbandsobmann Karl Wurm.
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Dabei hat der OGH nur gesprochen, dass, falls eine neue Therme notwendig ist, diese jedenfalls vom Vermieter zu bezahlen sei. Auch das Ausmalen beim Auszug Wohnung ist nicht mehr Sache des Mieters. Das fällt unter Erhaltungsarbeiten - dafür ist der Vermieter zuständig. Der Mieter ist hingegen nur für die Wartung der Therme und der restlichen Wohnung zuständig. Das Problem ist aber: Was jetzt Wartung und was Erhaltung ist, ist nicht definiert - den Unterschied weiß man nur bei der Therme.
"Der Rest ist ein rechtlicher Graubereich", seufzt auch der Wohnrechtsexperte Franz Köppl von der Arbeiterkammer (AK) Wien auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Wenn der Teppichboden Brandlöcher oder ähnliches vom Mieter aufweist, müsste ihn der Mieter reparieren lassen. "Und wenn es eine rein ästhetische Abnützung ist, wird ihn wohl auch nicht der Vermieter zahlen müssen", schätzt Köppl. Falls hingegen etwa ein 30 Jahre alter Teppichboden schließlich kaputt ginge, dann würde es nach Meinung Köppls in die Erhaltungspflichten des Vermieters fallen. "Aber bitte, ich weiß nicht, wie ein Gericht das entscheiden würde."
Warten auf Gesetz . . .
Beide, GBV und AK, fordern daher eine baldige Klarstellung durch das Gesetz. Justizministerin Berger hat dies für die zweite Legislaturperiode angekündigt. Für die Beteiligten zu spät: "Das Thema ist einfach sehr brisant", meint Wurm. Speziell für seinen Verband, den GBV. Denn bei den gemeinnützigen Gesellschafts- und Genossenschaftswohnungen werden die Reparaturarbeiten von Gesetzes wegen aus dem limitierten Topf des "Erhaltungs- und Verbesserungsbetrags" finanziert. Die von den Mietern zu leistenden Beträge werden allerdings oft nicht bis zur möglichen Grenze eingehoben, "da es sich oft um sozial schwächere Mieter handelt", erklärt Wurm. "Der Betrag ist für größere Instandsetzungen. Und nicht, damit es im Inneren einer Wohnung gut aussieht."
Was die Durchsetzbarkeit der Kostenerstattung bei einer neuen Therme betrifft, sieht der Verband einen Regelungsbedarf: "Die Mieter bräuchten eine Bestätigung des Installateurs über die notwendige Reparatur." Ein Zettel, der bei den meisten wohl bereits verschwunden ist.
Man bräuchte hier laut GBV eine Regelung, dass nach 15 Jahren Miete davon auszugehen ist, dass der Mieter in dieser Zeit bereits einmal eine neue Therme gekauft hat. Ein Beweis wäre dann für den Mieter obsolet. Der Regelungsbedarf ist jedenfalls gegeben.