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OGH schließt eigenen Richter vom Elsner-Prozess aus

Von Reinhard Göweil

Politik

Vorsitzender Richter des Berufungs-Senats beim Obersten Gerichtshof über Elsner-Urteil wurde von Entscheidung ausgeschlossen: Befangenheit, weil sich der Richter für eine Stelle beworben hat, über die Justizministerin Bandion-Ortner zu entscheiden hat - und sie das Urteil gegen Elsner fällte, gegen das berufen wurde. | Anzeige gegen den Richter kam nicht von Elsner, sondern aus dem OGH selbst. | Verhandlung am 22. Dezember wackelt. | Wien. Das Verfahren gegen den Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner ist um eine Facette reicher, und das Bild, das die Justiz dabei zeichnet, ist zwiespältig.


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Der mittlerweile 75-Jährige wurde am 4. Juli 2008 - unter Vorsitz der damaligen Richterin Claudia Bandion-Ortner - wegen Untreue, Bilanzfälschung und schweren Betrug zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Elsner sitzt seit Februar 2007 in Untersuchungshaft. Neben den Haftbeschwerden, läuft gegen dieses Urteil ein Berufungsverfahren. Darüber zu entscheiden hat mittlerweile ein Senat des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Am Freitag nun wurde der Vorsitzende dieses Senats, durch einen anderen Senat des OGH von der Elsner-Entscheidung ausgeschlossen und ein anderer Richter eingesetzt. Ob die für den 22. und 23. Dezember angesetzte Verhandlung nun stattfinden wird, steht in den Sternen - der neue Richter muss sich jedenfalls detailliert in die komplexe Materie der Bawag-Pleite einarbeiten.

Indirekte Kritik an Bandion-Ortner durch den OGH

Die Begründung des OGH, einen anderen OGH-Senat neu zu besetzen, liegt der WIENER ZEITUNG vor, und ist hochinteressant: Der betroffene Jurist hat sich für eine leitende Stelle im Obersten Gerichtshof beworben, die Entscheidung dafür liegt bei Bandion-Ortner. Daher könnte er bei der Beurteilung der Berufung befangen sein. (Die WZ nennt diese Position nicht, da es noch keine Entscheidung gibt).

Wörtlich hört sich das so an: "Dr. [...] ist einer der Bewerber, die sich um die Planstelle [...] beworben haben [...]. Die solcherart in die Ernennung [...] maßgeblich eingebundene nunmehrige Bundesministerin für Justiz Dr. Bandion-Ortner war seinerzeit als Richterin die Vorsitzende jenes Schöffensenats, dessen Urteil im Rechtsmittelverfahren des OGH zu AZ [...] überprüft wird. Die Planstelle [...] wurde am 9. Juli 2010 [...] ausgeschrieben." Eine Entscheidung ist - wie erwähnt - ausständig.

Der betroffene Richter erklärte zwar, in keiner Weise voreingenommen zu sein, der OGH traute der Äußerung des Kollegen aber nicht. "Nach § 43 Abs. 1 Z 3 StPO (Strafprozessordnung, Anm.) ist ein Richter vom Verfahren ausgeschlossen, wenn Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen", heißt es in dem Beschluss vom 3. Dezember.

Und weiter: "[...] kann nicht ausgeschlossen werden, dass für einen außen stehenden Betrachter der Anschein entsteht, der sich um eine Planstelle [...] bewerbende [...] sei in seiner richterlichen Entscheidung nicht völlig unabhängig. Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass nach außen hin kein Grund für eine mehrmonatige Verzögerung der Ernennung [...] erkennbar ist."

Dieser Satz im Beschluss des OGH hat es in sich: Sollte der betroffene Richter den Job bekommen, und der OGH das Urteil gegen Elsner vorher bestätigt haben, würde - unabhängig vom Wahrheitsgehalt - der Eindruck entstehen, das Ministerium habe so lange mit der Vergabe des lukrativen Jobs gewartet, bis ein ihm genehmes Urteil ergangen ist.

Politisches Problem

Das OGH-interne Gezerre ist Wasser auf die Mühlen jener Juristenkreise, die heftige Kritik an der Ministerin und ihrem Büro äußern. Die - erfolgreiche - Anzeige gegen den vorsitzenden Richter kam jedenfalls aus dem Obersten Gerichtshof selbst.

Es offenbart aber auch ein politisches Problem: Das Urteil im Bawag-Prozess war zwar das Sprungbrett für Bandion-Ortner - VP-Chef Josef Pröll holte sie praktisch mit Urteilsausfertigung in die Regierung, und die Ministerin wiederum machte den Staatsanwalt im Bawag-Prozess, Georg Krakow, zu ihrem Kabinettschef.

Es ist aber auch ein Mühlstein. Das Vorgehen des OGH in dieser Sache ist ein deutlicher Warnschuss an die Ministerin. Und die befindet sich in der Bawag-Sache ohnehin in der Defensive. Was die Volkspartei derzeit nicht auch noch brauchen kann, ist eine politische Debatte um die Justizministerin...