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ÖGK-Milliardendefizit nicht auf Patienten abwälzen

Von Pamela Rendi-Wagner

Gastkommentare
Pamela Rendi-Wagner ist Klubobfrau der SPÖ.

Österreich ist weit entfernt von einer gleichen Gesundheitsversorgung für alle.


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Schwarz-Blau hat den Menschen 2018 eine "Jahrhundert-Reform" bei der Krankenkasse versprochen. Geworden ist es eine "Reform der gebrochenen Versprechen". Den Patienten drohen jetzt Selbstbehalte, höhere Beiträge und Leistungskürzungen.

Versprochen hat Sebastian Kurz gleiche Gesundheitsleistungen für alle Versicherten. Daraus wurde nichts. Es gibt noch immer drei große Versichertengruppen mit großen Unterschieden bei Leistungen, bei Selbstbehalten und Zuschüssen. Österreich ist weit entfernt von einer gleichen Gesundheitsversorgung für alle.

Versprochen hat Kurz eine neue schlanke Struktur in der Sozialversicherung. Daraus wurde nichts. Man verlagerte die Macht- und Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Versicherung der Arbeitnehmer hin zu den Unternehmervertretern. Und zu den unterschiedlichen Kassen gibt es jetzt noch eine zusätzliche Verwaltungsebene. Es gibt etliche Leitungsposten für politische Funktionäre und viele Millionen wurden für Werbung, PR und neue Logos ausgegeben.

Versprochen hat Kurz eine Milliarde mehr für die Patienten. Daraus wurde nichts. Jetzt steht die gerade einmal 50 Tage alte Gesundheitskasse mit Schulden von 1,7 Milliarden Euro bis 2024 da und muss ein Sparpaket schnüren. Dieses Milliardenloch, das sich da auftut, ist auch keine Spekulation oder Schwarzmalerei vonseiten der Opposition oder Medien. Die Finanzvorschau basiert auf Erlässen des Gesundheitsministeriums, nach denen die Gebarung jährlich erstellt wird.

Und es droht, wovor die SPÖ immer gewarnt hat, dass die von Kurz versprochene Patientenmilliarde jetzt von den Patienten selbst bezahlt werden muss, entweder in Form höherer Beiträge, gekürzter Leistungen oder Selbstbehalten. Zu Selbstbehalten steht im schwarz-grünen Regierungsprogramm nur, dass ein Ausbau von Selbstbehalten bei Arztbesuchen ausgeschlossen wird. Nicht ausgeschlossen werden Selbstbehalte in anderen Bereichen, etwa bei Heilbehelfen, Krankentransporten oder höheren Rezeptgebühren sowie einer Ambulanzgebühr. Zudem ist der Dachverband gesetzlich verpflichtet, jährlich zu evaluieren, ob aufgrund der "wirtschaftlichen Verhältnisse" Selbstbehalte eingeführt oder ausgebaut werden müssen. Das heißt, es gibt eine gesetzliche Grundlage, die Selbstbehalte in Aussicht stellt, und ein Regierungsprogramm, das sie nicht ausschließt. Damit ist die Wahrscheinlichkeit von Selbstbehalten sehr hoch, denn irgendwoher muss das Geld ja kommen. Selbstbehalte treffen uns alle. Besonders bitter ist das für chronisch kranke Menschen. Ein Beispiel: Es gibt in Österreich rund 600.000 Diabetespatienten, die regelmäßig ihren Blutzucker mit Blutzuckerstreifen messen müssen. Diese Streifen gelten als Heilbehelf und werden bezahlt. Ein Selbstbehalt dafür wäre eine lebenslange zusätzliche finanzielle Belastung.

Die SPÖ wird daher in der nächsten Nationalratssitzung Anträge stellen: Einen , der die Einführung von Selbstbehalten verhindern kann, und einen Antrag auf Leistungsharmonisierung. Jetzt ist das Parlament am Zug.