Bund soll Geld für Ausbau von Kassenstellen bereitstellen oder Beitrag für Spitäler muss sinken.
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In den laufenden Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich, also der Aufteilung der Steuermittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, zählt der Bereich Gesundheit zum drängendsten, aber auch herausfordernsten. Denn die Transferströme im Gesundheitswesen sind so verschlungen, dass systemische Änderungen sehr kompliziert sind und viel Zeit in Anspruch nehmen. Doch die Zeit ist knapp. Der Finanzausgleich muss im Herbst stehen, seine Struktur wohl schon vor dem Sommer.
Das österreichische Gesundheitssystem zeichnet sich unter anderem durch seine Spitalslastigkeit aus. Das hat es schon bisher recht teuer gemacht, weshalb schon vor Jahren versucht wurde, mit einigen Steuerungsmaßnahmen eine Verlagerung in den niedergelassenen Bereich zu erwirken. Es hat sich auch niedergeschlagen. Die Zahl der Ärztekontakte im Kassenbereich ist seit 2010 deutlich gestiegen, jene bei Spitalsambulanzen weitgehend konstant geblieben. Das ist aber nicht genug. Die Bevölkerung wächst, und sie wird älter.
Zum Kostenproblem hat sich auch ein Personalproblem gesellt. Es ist nicht ganz neu, hat mehrere Ursachen, die Covid-Pandemie bedingte aber jedenfalls eine Verschärfung der Situation. Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), tritt aber einem "Schlechtreden" der medizinischen Versorgung entgegen. "Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt", sagt er.
Die ÖGK hatte schon vor Monaten angekündigt, das Netz an Kassenstellen ausbauen zu wollen. Es ist mit der Bevölkerung nicht mitgewachsen. Damit könnte der personalintensivere Spitalsbereich entlastet werden. Dafür brauche die Kasse aber frisches Geld, erläuterte Wurzer bei einem Mediengespräch. "Entweder gibt es für unsere Vorhaben Geld vom Bund, oder wir zahlen weniger Geld für die Spitäler."
Die Krankenanstalten sind zwar im Wesentlichen in der Kompetenz der Länder, doch die Sozialversicherung ist mit etwas mehr als 40 Prozent der Gesamtkosten der größte Geldgeber. Der Rest verteilt sich auf Bund, Länder, teilweise auch auf Gemeinden sowie Spenden im Bereich der Ordensspitäler.
Anders formuliert: 30 Prozent der Beiträge der Sozialversicherten fließen in Honorare von Ärztinnen und Ärzte, 27 Prozent in die neun Landesgesundheitsfonds. Diese finanzieren den Großteil der Kosten der insgesamt 109 sogenannten Fondskrankenanstalten, also bettenführende Spitäler mit öffentlichem Versorgungsauftrag.
Mitsprache gefordert
Bei der Verlagerung von Dienstleistungen vom stationären in den niedergelassenen Bereich ist in Österreich noch viel Spielraum, das tagesklinische Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Der medizinische Fortschritt erlaubt das auch, auch einige Standard-Operationen können mittlerweile ambulant durchgeführt werden.
Wenn der Bund die Versorgung in den ambulanten Bereich verlagern wolle, dann sollte die Kasse in diesem Bereich auch mitreden können, so die ÖGK-Position. Auch bei der Ausbildung von Ärzten, die im Spital passiert, könne sie das nicht. "Das ist für uns eine Blackbox", sagt Wurzer.
Freilich, der Ruf nach mehr Geld ist eine Konstante im Finanzausgleich. Auch die Länder wollen mehr Geld für "ihre" Spitäler und argumentieren dies damit, dass sie in den Krankenhäusern Erstaufnahmezentren zur Entlastung der Notfallaufnahme eingerichtet haben, weil der niedergelassene Bereich die Nachfrage nicht decken kann. Nach strukturellen Reformen sieht es also vorerst nicht aus. (sir)