US-Präsident Obama will bis 2012 Emissionshandel einführen. | Gegner befürchten eine Knebelung der US-Wirtschaft. | Boston. Präsident Barack Obama und der von den Demokraten kontrollierte US-Kongress wollen den Ausstoß von Treibhausgasen in den USA reduzieren und dazu ein Gesetz über Emissionshandel nach europäischem Vorbild einführen. Die Durchsetzung wird allerdings zu einer schwierigen Auseinandersetzung führen. Ein großer Teil der Amerikaner sieht ein solches Gesetz und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft skeptisch.
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Wie ernst es der Regierung Obama mit der Begrenzung der schädlichen Emissionen ist, machte der Stabschef des Weißen Hauses, Rahm Emanuel, vor kurzem deutlich. "Am Ende des ersten Kongress-Sitzungsjahres wird ein Energie-Gesetz auf dem Schreibtisch des Präsidenten liegen", versicherte Emanuel. "Wir werden unsere Energiepolitik verändern."
Der Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses beginnt in dieser Woche mit den Anhörungen zu jenen Gesetzen, die den Schadstoffausstoß begrenzen und Unternehmen verpflichten sollen, Emissionsrechte zu kaufen. Vorsitzender Henry Waxman will das Gesetzesvorhaben im Mai im Ausschuss verabschieden, sodass das Repräsentantenhaus im Laufe des Jahres darüber abstimmen kann. "Ich will diese Limits einführen", sagte Waxman. "Wie uns die Wissenschafter sagen, müssen wir das tun, um eine globale Katastrophe zu verhindern."
Viel Geld für den Staat
Das sogenannte "cap and trade"-System, das dem europäischen Emissionsrechtehandel entspricht, wird in den USA allerdings kontrovers diskutiert. Zum einen herrschen Zweifel daran, ob es Erderwärmung und Klimawandel tatsächlich gibt. Zum anderen existiert die Sorge, dass die USA gegenüber Schwellenländern, die ihre Schadstoffemissionen nicht beschränken, benachteiligt werden.
Auch unter den Demokraten gibt es Politiker, die die Pläne Obamas nicht voll unterstützen. Zum Beispiel den demokratischen Senator Carl Levin aus Michigan, dem Sitz der angeschlagenen US-Automobilindustrie, die von solchen Neuerungen besonders betroffen wäre. "Ich bin offen für einen Emissionshandel", sagte Levin. "Aber ich bin nicht bereit, mir die Hände binden zu lassen."
Obama wollte den Emissionshandel ursprünglich schon in seinem Haushaltsgesetz unterbringen, das er im Februar vorgelegt hat. Der Kongress aber stoppte den Präsidenten. Die Gesetze müssen jetzt als Einzelvorlagen behandelt werden. Eine kleine Niederlage für Obama im Kräftemessen zwischen Kongress und Weißem Haus.
Der Plan des Präsidenten sieht vor, dass Kraftwerke und Firmen Emissionsrechte bei der Regierung kaufen. Obama glaubt, dass damit zwischen 2012 und 2020 rund 650 Milliarden Dollar in die Kassen des US-Schatzamtes fließen werden. Der Präsident unterschätze die Dimension dieses Handels, meinen allerdings die Wirtschaftssachverständigen der Befürworter wie auch der Gegner. Ihrer Meinung nach könnte sich der Emissionshandel in diesem Zeitraum auf bis zu zwei Billionen Dollar belaufen.
"Das Letzte, was wir brauchen können, ist eine massive Abgabenerhöhung. Aber das ist offenbar, was das Weiße Haus will", sagt der republikanische Fraktionschef im Abgeordnetenhaus John Boehner. Und der republikanische Senator John Barrasso lehnt den Emissionshandel ab, weil dieser US-Firmen bestrafe, während Schwellenländer wie China und Indien ihre Treibhausgase ungehindert in die Luft blasen könnten. Er schlägt stattdessen eine 50 Milliarden Dollar-Programm für die Erforschung des sogenannten "sauberen Kohlestroms" vor.
Berechnete Katastrophen
Die Befürworter des energiepolitischen Wandels verweisen indes eifrig auf den Stern-Report, der 2006 für die britische Regierung erstellt wurde. Dieser Bericht kommt zu dem Schluss, dass Untätigkeit gegenüber dem Klimawandel zu einer Katastrophe von den Ausmaßen der Großen Depression oder des Zweiten Weltkrieges führen würde. Es würde Trinkwasserknappheit, Überflutungen und andere Katastrophen geben. Die Weltwirtschaft müsste mit einem jährlichen Verlust von zumindest fünf Prozent des globalen Bruttosozialprodukts rechnen.
Lokale Befürwortergruppen des Obama-Plans wie das Pacific Institute im kalifornischen Oakland haben sogar die regionalen Auswirkungen errechnet. Im März legte das Institut eine Studie vor, nach der allein in der Bucht von San Francisco bei einem Ansteigen des Meeresspiegels um 1,4 Meter an Immobilien und öffentlichen Einrichtungen Schäden von 100 Milliarden Dollar entstehen würden.