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Das Sozialministerium testet erstmals eine völlig neue Finanzierungsform für soziale Projekt.
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Wien. Ob ein Projekt finanzierungswürdig ist, ist Abwägungssache. Oft stellt sich erst im Nachhinein heraus, ob man das Geld gut angelegt hat -oder eben nicht. Dieses Risiko will man in Österreich nun umgehen. Das Sozialministerium testet erstmals eine völlig neue Finanzierungsform für soziale Projekte, bei der erst dann Geld aus der öffentlichen Hand fließt, wenn ein vereinbartes Ziel erreicht worden ist. Davor wird das Projekt über Private, zum Beispiel über Stiftungen, vorfinanziert.
Social Impact Bond ist der Fachausdruck für diese Finanzierungsform, die vor fünf Jahren in Großbritannien ihren Ausgang nahm und nun auch in den USA, den Niederlanden und Belgien verbreitet ist. "Wird das Ziel nicht erreicht, tragen die Investoren das finanzielle Ausfallsrisiko", sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Mittwochabend im Rahmen eines Hintergrundgesprächs.
800.000 Euro in drei Jahren
Bei dem ersten Modellprojekt in Österreich, das im September gestartet wurde und nun drei Jahre lang läuft, ist besagtes Ziel folgendes: Mindestens 75 gewaltbetroffene Frauen sollen innerhalb dieser Zeit in eine existenzsichernde Beschäftigung geführt werden. Das Beschäftigungsverhältnis muss mindestens ein Jahr lang aufrecht bleiben. Projektpartner sind das Frauenhaus Linz und das Gewaltschutzzentrum Oberösterreich. "Wir haben 1800 Klientinnen jährlich", sagt dessen Leiterin Maria Schwarz-Schlöglmann. Drei Jahre seien "relativ eng", wenn man bedenke, dass einige Frauen erst einmal Deutsch lernen müssten.
Schaffen sie es, das Ziel zu erreichen, fließen in drei Jahren 800.000 Euro aus der öffentlichen Hand an die Vorfinanzierer. Kompromisse wie die Hälfte des Geldes bei Erreichen des halben Zieles gibt es nicht. 784.000 Euro kommen laut Hundstorfer vom Sozialministerium, 20.000 Euro vom Frauenministerium und 24.000 Euro von Oberösterreich. Die jährliche Verzinsung liegt bei einem Prozent. Im Erfolgsfall bekommt der Investor somit mehr zurück, als er hineingesteckt hat.
"Wenn alles gut geht, müssen wir zahlen", sagt Hundstorfer, räumt aber ein, dass diese Summe weniger sei, als die Unterstützung der Frauen ohne Projekt gekostet hätte. Hundstorfer beziffert diesen "Mehrwert" mit 360.000 Euro, "die wir dann nicht bezahlen mussten". Um diese Kosten besser abschätzen zu können, begleitet das Kompetenzzentrum der WU das Projekt. Auch falls man das Ziel nicht erreicht - in drei Jahren müssen die 800.000 Euro auf jeden Fall budgetiert sein. "Ich hoffe, dass es fällig wird", so Hundstorfer.
"Die bessere Spende"
Vorerst zahlt aber jemand ganz anderer. Im Falle dieses ersten Projektes in Österreich ist das die Juvat gemeinnützige GesmbH, der Österreich-Ableger der deutschen Benckiser Stiftung Zukunft. Unter anderen zählen die Erste österreichische Spar-Casse Privatstiftung und die Schweighofer Privatstiftung Beteiligungsverwaltung GmbH zu den Vorfinanzierern.
Aber was sind deren Beweggründe? Es gehe darum, dass diese sozialen Projekte hoch wirkungskontrolliert sind, sagt dazu der Vorstandsvorsitzende der Benckiser Stiftung Zukunft, Christoph Maria Glaser. Der Anreiz sei, dass man mit dem eingelegten Geld eine große Wirkung erziele - und dieses Geld für weitere Projekte zur Verfügung habe, wenn es zurückgezahlt wird. Kommt nichts zurück, so war es zumindest "die bessere Spende", so Glaser. Jedenfalls habe er dieses Projekt nicht bewerben müssen: Die Unternehmer hätten sich selbst gemeldet.
Auch Franz Neunteufl, Geschäftsführer der Interessenvertretung gemeinnütziger Organisationen, sieht Social Impact Bonds grundsätzlich positiv. "Erfahrungen aus dem Ausland haben gezeigt, dass das ganz gerne für schwierige Projekte wie Haftentlassene verwendet wird, wo es eine hohe Rückfallquote gibt, weil das der öffentlichen Hand erlaubt, das Risiko auszulagern", sagt er. Dennoch müsse man diese Entwicklung genau beobachten, "damit das Ganze nicht auf dem Rücken gemeinnütziger Organisationen ausgetragen wird, während andere damit Gewinne machen."
Geht es nach Hundstorfer, soll dieses Projekt jedenfalls erst der Anfang sein. "Der Plan ist, nicht ewig einen Piloten zu haben."