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Ohne Furcht und Maske

Von Michael Schmölzer

Politik

US-Präsident Donald Trump ruft Bürger Pennsylvanias zum Widerstand gegen Covid-Schutzmaßnahmen auf.


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Donald Trump versucht sich erfolgreich in der Rolle des Aufwieglers. Inmitten der grassierenden Coronakrise setzt der US-Präsident alle Hebel in Bewegung, um die Wahl ins Weiße Haus im November zu gewinnen. Dabei ist der Republikaner nicht zimperlich. So hat er vor dem Hintergrund von 80.000 Toten und mehr als 1,3 Millionen Infektionen in den USA dazu aufgerufen, gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche auf die Straße zu gehen.

Kommt es dann allerdings zu Fragen kritischer Journalistinnen, dreht sich der Präsident auf dem Absatz um und geht.

Opfer des jüngsten Aufrufs zum Widerstand direkt aus dem Weißen Haus war der demokratische Gouverneur von Pennsylvania, Tom Wolf. "Die großartigen Menschen von Pennsylvania wollen ihre Freiheit jetzt", twitterte Trump. Dann warf er den Demokraten einmal mehr vor, durch die Schutzmaßnahmen die Öffnung der Wirtschaft zu verzögern.

Bewaffnete Demonstranten

Donald Trump muss sich tatsächlich Sorgen um seine Wiederwahl im November machen - schließlich liegt auch in den USA die Wirtschaft darnieder und die Zahl der Arbeitslosen schießt in die Höhe. Keine gute Ausgangslage für den Präsidenten. Er muss seine Anhängerschaft mobilisieren und hofft, dass auch moderate Wähler folgen.

Trump hat deshalb mehrfach zur "Befreiung" demokratisch regierter US-Bundesstaaten aufgerufen - nicht ohne Folgen. Ende vergangenen Monats waren bewaffnete Demonstranten ins Parlament in Lansing/Michigan eingedrungen, am Donnerstag soll es dort wieder Proteste geben. In privaten Facebook-Gruppen werden Gewaltdrohungen gegen die demokratische Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, verbreitet.

Gleichzeitig lässt Trump seiner Abneigung gegen gewisse Medien freien Lauf. So beendete er abrupt eine Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses, weil ihm die Frage einer Reporterin "fies" erschien.

Die chinesischstämmige Journalistin Weijia Jiang vom TV-Sender CBS News hatte Trump gefragt, warum er die Kapazitäten in den USA bei den Virustests positiv mit anderen Ländern vergleiche, als ob es sich um einen internationalen Wettbewerb handle. Dies sei vielleicht "eine Frage, die Sie China stellen sollten", reagierte der Präsident.

Die Reporterin entgegnete mit der Frage, warum der Präsident just ihr gegenüber diese Anmerkung mache - sie wollte wohl andeuten, dass dies mit ihrer chinesischen Herkunft zu tun habe. Trump meinte, er sage dies "zu jedem, der mir eine solche fiese Frage stellen würde". Jiang ist in China geboren, aber in den USA aufgewachsen.

Trump versuchte, einer anderen Journalistin das Wort zu geben, während Jiang weiterredete und nachhakte. Kurz darauf brach Trump die Pressekonferenz ab und ging schnurstracks zurück ins Innere des Gebäudes.

"Gefahr vieler Ausbrüche"

Doch auch in seiner unmittelbaren Umgebung ist Trump mit hartnäckiger Widerrede konfrontiert. So hat der Pandemie-Berater des Weißen Hauses, Anthony Fauci, vor einer zu raschen Lockerung der Corona-Beschränkungen für die Wirtschaft gewarnt. Fauci war am Dienstag in dieser Sache zu einer Anhörung in den Senat geladen. Sollte das nicht beachtet werden, "riskieren wir die Gefahr multipler Ausbrüche quer durchs Land", so Fauci laut der "New York Times". Das werde "nicht nur zu unnötigem Leid und Tod führen, sondern es wäre auch ein Rückschlag für unser Streben nach einer Rückkehr zur Normalität", so der Virologe.

Dabei wird Trump jetzt unmittelbar mit der Tatsache konfrontiert, dass die Lage in den USA alles andere als "normal" ist. Während der US-Präsident demonstrativ auf das Tragen von Gesichtsmasken verzichtet, ist das ab jetzt auch im Weißen Haus Pflicht. Nach dem Bekanntwerden von zwei Infektionen bei US-Regierungsmitarbeitern müssen in den öffentlichen Bereichen der US-Regierungszentrale Mund und Nase bedeckt werden. In den Büros gilt das nicht.

Betroffen von einer Covid-Infektion ist die Sprecherin von Vizepräsident Pence, Katie Miller und ein weiterer Mitarbeiter der Regierung. Pence wurde daraufhin negativ auf das Virus getestet. So wie Trump. "Wir haben das sehr gut unter Kontrolle", meinte der US-Präsident, der jetzt mit der Kritik leben muss, dass das System der Sicherheitsvorkehrungen in der US-Schaltzentrale zusammengebrochen ist. Regierungsberater Fauci hat sich jedenfalls vorsorglich in Quarantäne begeben.

Die USA sind das Land mit den weltweit meisten Infektions- und Todeszahlen. Seit Mitte April sind im Schnitt jeden Tag 2000 Menschen an der Seuche gestorben.

New York City bleibt mindestens bis Mitte Juni im Ausnahmezustand. Dort könnte es laut einer Untersuchung 5000 Corona-Tote mehr geben, als ursprünglich vermutet. Die Studie untersuchte die Übersterblichkeit im "Big Apple" vom 11. März bis zum 2. Mai - das ist die Abweichung von der angenommenen Totenzahl während des gleichen Zeitraums in einem normalen Jahr.

Strände wieder offen

Im "Golden State", Kalifornien, werden die strengen Maßnahmen aber schrittweise gelockert. So will Los Angeles seine Strände nach einer zweimonatigen Sperre wieder öffnen. Ab Mittwoch darf man dort wieder sportlichen Aktivitäten wie Schwimmen oder Joggen nachgehen. Dabei müssen die Menschen aber voneinander Abstand halten und außerhalb des Wassers eine Schutzmaske tragen.

Bloßes Liegen in der Sonne und Strandzubehör, wie Sonnenschirme und Liegestühle, sind nicht erlaubt.