Ex-Generalstabschef Entacher begrüßt die geplante Bundesheerreform. Aber: Alles hänge an der Finanzierung.
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Wien. Das Bundesheer soll neu strukturiert werden. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat die Sparpläne seines Vorgängers gestoppt. Stattdessen will er die Zentrale verschlanken und die Truppe ausbauen. Bis 10. Juni gibt Doskozil sich und seinen Generälen Zeit, um einen genauen Plan dafür zu entwickeln. Denn Doskozil hat es eilig, schon mit Jänner des kommenden Jahres soll an die Umsetzung gegangen werden. General Edmund Entacher - er war von 2007 bis 2013 Chef des Generalstabes des Österreichischen Bundesheeres - und der frühere Brigadier des Bundesheers und nunmehrige Unternehmensberater Gerald Karner haben die Pläne des Verteidigungsministers für die "Wiener Zeitung" bewertet.
Insgesamt sieht Entacher Doskozil auf dem richtigen Weg und er freut sich darüber, dass der neue Minister dem Heer endlich einen Stellenwert geben will, den es haben sollte. Karner ist da skeptischer. Der Militärstratege befürchtet, dass es sich um eine PR-Aktion des Ministers handeln könnte. "Fakt ist, es kocht irgendetwas, man weiß aber noch nicht, was übrig bleibt", sagt Karner.
Straffung des Ministeriums
Die Straffung im Ministerium befinden beide Experten für einen eher nicht so wichtigen Aspekt. Zwar wirke eine Personalreduktion in der Zentrale in der Öffentlichkeit immer gut, tatsächlich sei aber mit dem Zusammenlegen von Sektionen noch nicht viel gemacht. In seiner Zeit sei die Zentrale, also das Ministerium, von 1200 auf rund 900 Beamte verringert worden, sagt Entacher. "Diesen Kurs fortzusetzen, das klingt gut, wird aber nicht gefechtsentscheidend sein", sagt der frühere Chef des Bundesheeres. Und auch Karner sieht das ähnlich: "Dass die Zentralstelle verkleinert werden soll, ist ein alter Traum. Tatsächlich gibt es aber eine Reihe von hoheitlichen Aufgaben, die in der Zentrale wahrgenommen werden müssen."
Ausbau der Truppe
Das Streitkräfteführungskommando soll nach Plänen Doskozils geteilt werden in ein Kommando Land und ein Kommando Luft. Dazu sagt Entacher, dass er selbst eine solche Aufteilung bereits erlebt habe. Grundsätzlich sei dagegen nichts einzuwenden, möglicherweise könnte das bei Beschaffungsvorgängen dienlich sein.
Derzeit hat das Bundesheer 15.000 Berufssoldaten, davon 2200 Lägerdienende. Doskozil plant, diese auf eine Truppenstärke von 6000 Mann auszuweiten. Eine stärkere Truppe ist auch für General Entacher wichtig. Das komme auf die Aufgaben an, die das Bundesheer zu erfüllen hat. Er erinnerte daran, dass der Assistenzeinsatz an der burgenländischen Grenze 15 Jahre gedauert hat. Wie lange das Bundesheer im Zuge der Flüchtlingssituation an den Grenzen Einsatz leisten werde, sei noch nicht abzusehen.
Karner bezweifelt, dass das Bundesheer überhaupt so viele Menschen mehr gewinnen kann. Denn 3800 zusätzliche Stellen könne er sich beim besten Willen nicht vorstellen. "Daher: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?" Und auch bei der Attraktivierung des Heeres zulasten des Zivildienstes sieht Karner noch viel Luft nach oben. Aber ein attraktives Kasernenhofklima ersetze noch immer nicht das Geld. Denn auch das würden sich Soldaten erwarten, sagt Karner. Entacher rechnet vor, dass eine Ausweitung der Truppe von 2200 auf 6000 Mann rund 120 Millionen Euro Mehrkosten verursachen würde.
Hauptproblem: Geldnot
Sowohl für Entacher als auch für Karner steht und fällt der ganze Plan mit dem Budget. "Das Bundesheer braucht mehr Geld. Alles andere ist l’art pour l’art", sagt Entacher. Noch im Jahr 2000 hätten Innen- und Verteidigungsministerium je ein Budget von rund 1,8 Milliarden Euro gehabt. Jetzt habe das Innenministerium 3 Milliarden, das Verteidigungsministerium 1,9 Milliarden Euro. "Es muss endlich mehr Geld zum Bundesheer fließen", unterstützt Entacher die Forderung Doskozils.
Militärkommanden stärken
Die Stärkung der Militärkommanden (das sind die Landesorganisationen) findet Entacher gut. Er hofft aber, dass sich das nicht zulasten der Brigaden (unterstehen dem Streitkräfteführungskommando) auswirkt. Laut Plan sollen die Militärkommanden für die Rekrutenausbildung und die Miliz verantwortlich sein.
Kasernenverkäufe gestoppt
Der Stopp der Kasernenverkäufe ist für General Entacher absolut sinnvoll. Es sei ohnehin schon zu viel verkauft worden.
Großes Verständnis hat Entacher auch dafür, dass Doskozil sich bei der Erhaltung der Militärmusik gesprächsbereit zeigt. Die Militärmusik sei ein Aushängeschild für das Bundesheer. "Sie ist das beste Werbemittel", ist Entacher überzeugt. Da gehe es um 70 Planstellen. Aber insgesamt sei klar: "Die Musik ist nicht gefechtsentscheidend."