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Ohne Hirn keine Gesundheit

Von Alexandra Grass

Wissen
Neuronale Netzwerke sind nach wie vor eine Herausforderung für die Forschung.
© corbis

8000 Experten beim Weltkongress für Neurologie in Wien.


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Wien. Der Gehirngesundheit sollte wesentlich mehr Beachtung geschenkt werden. Denn neurologische Störungen machen laut Weltgesundheitsorganisation je nach Land zwischen elf und 4,5 Prozent der Krankheitslast aus. Das sind weit mehr als Erkrankungen der Atemwege, des Verdauungssystems oder Tumore. Und doch werden Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs innerhalb der Bevölkerung als die größten Gesundheitsgefahren gesehen. Aber immerhin zwölf von 100 Menschen sterben aufgrund einer neurologischen Störung. Dies stellte am Donnerstag Eduard Auff, Präsident des Weltkongresses für Neurologie, der derzeit in Wien stattfindet, fest.

"Die Gesundheit des Gehirns ist für die Gesundheit insgesamt von überragender Bedeutung", betonte auch Vladimir Hachinski, Präsident des Weltverbands der Neurologie im Wiener Messezentrum.

Demenz und Parkinson

Zu den großen Herausforderungen der Neurologie zählen Demenzerkrankungen und die Parkinson Krankheit. Aufgrund der demografischen Entwicklung gehen die Experten von einem dramatischen Anstieg der Zahl der Betroffenen aus. Laut WHO litten im Jahr 2010 insgesamt 35,6 Millionen Menschen weltweit an einer Form von Demenz. Schätzungen gehen auf eine Verdreifachung bis zum Jahr 2030 aus. 4,1 Millionen leiden an Parkinson, bis 2030 soll sich die Zahl auf 8,7 Millionen mehr als verdoppeln.

In der Früherkennung dieser Krankheiten konnten mittlerweile von der Forschung wichtige Fortschritte erreicht werden. So sind etwa bereits Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome Veränderungen im Eiweiß-Stoffwechsel zu beobachten. Sogenannte Biomarker ebnen den Weg zu neuen Therapiestrategien.

Entscheidend sei es, von der derzeit viel zu spät erfolgenden Diagnose fortgeschrittener Erkrankung zur Identifizierung von Risikopersonen bereits im Stadium vor dem Auftreten erster Symptome zu kommen. Damit könnte nicht nur Vorsorge betrieben werden, sondern auch eine ausreichende Verzögerung solcher nicht heilbarer, fortschreitender neurologischer Erkrankungen stattfinden.

Untersucht und überwacht man 50-Jährige mit Ultraschall auf bestimmte Veränderungen im Gehirn, zeigt sich bei den Betroffenen später ein 17-fach höheres Risiko für Morbus Parkinson. Auch ein schlechter werdender Geruchssinn kann ein Anzeichen für eine beginnende "Schüttellähmung" sein, erklärte Harald Poewe, Chef der neurologischen Uniklinik in Innsbruck. Mit der Identifizierung von Risikopersonen würde auch die Chance eröffnet, medikamentöse Prophylaxemöglichkeiten zu entwickeln.

Auch beim Thema Schlaganfall gibt es neueste Entwicklungen. So hat die sogenannte Thrombolyse, die Auflösung von in Gehirnarterien aufgetretenen Blutgerinnseln per Medikament, die Situation in den letzten 20 Jahren revolutioniert. Durch rasches Handeln konnten die Ergebnisse deutlich verbessert werden. Durch Thrombolyse können die durch einen Schlaganfall im Gehirn gefährdeten Areale vor dem Absterben bewahrt werden. Mittlerweile werden auch immer mehr Katheter-Systeme entwickelt, mit denen Blutgerinnsel mechanisch beseitigt werden können. Dauerhafte Schäden wie Lähmungen und Invalidität sollen mit diesen Möglichkeiten verhindert werden.

Mit mehr als 8000 Teilnehmern bietet der Weltkongress für Neurologie in Wien noch bis zum 26. September eine Leistungsschau aus allen Bereichen dieses Forschungsgebiets.