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Ohne kleine Fouls verliert Europa das Schuldenmatch

Von Stefan Melichar

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Die USA sind schon jetzt der größte Schuldner der Welt. Hohe Budget- und Leistungsbilanzdefizite sorgen dafür, dass das noch lange so bleiben wird.


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Umso mehr überrascht es, dass die Finanzmärkte die Eurozone unter Beschuss nehmen. Zugegeben: Die Nachricht, dass Washington neue Schulden plant, hat diese Woche die Konditionen von US-Staatsanleihen verschlechtert. Während die amerikanisch dominierten Ratingagenturen Euro-Staaten ruckzuck abwerten, setzte es hier aber nur lauwarme Warnungen. Analysten deuten die Situation sogar positiv um: Der Rückzug aus den Staatsanleihen habe damit zu tun, dass die Wirtschaft anspringt und Aktien somit das bessere Investment sind.

Europa hat jedoch die Chance verpasst, eindringlich auf die US-Probleme zu verweisen. Dies hätte der Eurozone Luft verschaffen können - wie vor ein paar Monaten, als ein Rückfall der USA in die Rezession befürchtet worden war. Anstatt sich - nach US-Manier - über die Entwicklung im fremden Staat öffentlich "besorgt" zu zeigen, stehen die Euro-Verantwortlichen lieber vornehm an der Seitenlinie und schauen zu, wie ein Mitgliedstaat nach dem anderen ausgespielt wird. Mit Fair Play in Reinkultur ist das Match gegen den übermächtigen Gegner USA so gut wie verloren. Dafür sorgen allein der dort ungleich besser ausgeprägte Kapitalmarkt und die Scheu vor strategischen Untergriffen. Will Europa zumindest den Ausgleich erzielen, ist im richtigen Moment das eine oder andere taktische Foul notwendig und legitim. Wie im Fußball: Später fragt niemand mehr, wie das Resultat zustandegekommen ist.