"Zeit"-Redakteurin Özlem Topçu zur Diversitäts-Debatte.
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"Wiener Zeitung":Es herrscht unter Journalisten oft Unsicherheit darüber, wie man die ethnische Zugehörigkeit definiert. Ist "Person mit Migrationshintergrund" der Weisheit letzter Schluss?Özlem Topçu:Sicher nicht. Den Begriff hat die Bürokratie gewählt, um sich Überblick zu schaffen, wo sie keinen Überblick mehr hatte. Das ist verständlich. Aber er sieht nur die Statistik, definiert einen Menschen und nimmt keine Rücksicht darauf, wie ein Mensch sich vielleicht selbst definieren möchte. Was ist, wenn ihn sein "Migrationshintergrund" überhaupt nicht interessiert?
Als Sie als "Zeit"-Redakteurin begonnen haben, hat man sie als Quotenmigrantin bezeichnet.
Es gibt einige Leser, die das getan haben und immer noch tun, übrigens nicht nur Deutsche, sondern auch welche, die nicht unbedingt typisch deutsche Namen tragen. Anfangs hat mich das noch getroffen, mittlerweile nehme ich es gelassen. Meistens jedenfalls, weil derjenige, der diesen Begriff benutzt, nur persönlich verletzen will, und sich gar nicht argumentativ mit meinen Texten auseinandersetzt.
Wie empfinden Sie die Berichterstattung über Migranten? Sehen Sie eine Verbesserung?
Als unsere Eltern nach Deutschland kamen, waren sie die Ausländer, reine Objekte der Berichterstattung, nicht als sprechfähig angesehen. Dann gab es eine Phase, die auf das Anderssein fixiert war, und in der alle Probleme, die etwa in den Communities herrschen, auf das aus deutscher Perspektive kulturelle Anderssein zurückgeführt wurden. Nach meinem Empfinden erfuhr dies eine Renaissance zur Sarrazin-Debatte. Doch es hat sich auch etwas getan: Die Kinder der zweiten und dritten Generation sprechen für sich selbst, Artikel oder Fernsehberichte gehen nicht mehr ohne sie.
Warum gibt es so wenige Journalisten mit Migrationshintergrund?
Das liegt an den Medienhäusern selbst, die es sich in ihrer Homogenität gemütlich gemacht haben. Weiß, männlich, mittelalt stellt weiß, männlich, mittelalt ein. Und es liegt sicher auch an zu wenig Bewerbern, die qualifiziert genug sind. Ich könnte nicht sagen, woran es mittlerweile liegt.
Sind Sie für eine Migrantenquote?
Darüber denke ich immer noch nach. Auf der einen Seite will niemand nur aufgrund einer Quote eingestellt werden. Auf der anderen Seite tut sich sonst nichts, das sieht man ja bei den Frauen in Führungspositionen. Wie sollen jene, die hervorragend qualifiziert sind, sonst eine Chance bekommen?