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Ohne Ohrstöpsel wirbt man besser

Von Claudia Peintner

Wirtschaft
Soundmarketing stößt in der Werbebranche häufig noch auf taube Ohren. Foto: photocase

Akustische Signale haben großen Einfluss auf das Kaufverhalten. | Ein markeneigener Sound kommt positiver rüber als nichtssagende Panflötenklänge. | Wien. Marketing beginnt beim Gehirn des Kunden - das hat auch die Wirtschaft längst erkannt. Während Produkte für Auge oder Nase fein konzipiert werden, bleibt der Gehörsinn jedoch oft vernachlässigt. Mögliche Ursachen? "Töne sind ungreifbarer als Bilder, wo ich eine Materie vor mir habe", mutmaßt der Wiener Audio-Consulter Harald Sulzbacher. Nichtsdestotrotz sollte ihre Wirkung auf das Kaufverhalten nicht unterschätzt werden.


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Der Neurobiologe Peter Walla hat erforscht, dass der Hörsinn wesentlich direkter mit Emotionen in Verbindung steht als der Sehsinn. "Ein noch so schönes Gemälde kann in unserem Gehirn niemals eine solch starke Emotion hervorrufen wie ein gelungenes musikalisches Werk", so Walla, der auch Chef der Neuromarketing-Agentur Neuroconsult ist.

Crunchige Cornflakes aus dem Sound-Labor

Da Emotionen neben kognitiven Funktionen eine entscheidende Grundlage für Entscheidungen darstellen, haben laut dem Wissenschafter akustische Signale eine starke Wirkung auf das Kaufverhalten der Konsumenten.

Die Geheimwaffe der Werbeindustrie lautet Soundmarketing. Das Geräusch von Cornflakes wurde in Sound-Laboren lange erforscht. Das Crunchen beim ersten Biss musste passen, um Konsumenten Gusto aufs Kaufen und Verzehren zu machen.

Auch die Autoindustrie setzt beim Vertrieb auf die Macht der Klänge. Sei es beim perfekt abgestimmten Motorenheulen oder bei künstlichen Vogelgezwitscher-Tönen vor den Schauräumen. Ein weiteres Beispiel: Auf der Homepage eines französischen Mineralwasserproduzenten wird das Produkt vom Geräusch eines Wasserfalls begleitet.

Andere Websites sind hingegen still. Viele Branchen schweigen ganz oder greifen zu den falschen Tönen. Ein Paradefall ist die Hintergrundmusik in den Kaufhäusern. Der Tonkünstler Sulzbacher interpretiert diese meist als "nichts aussagend und aggressiv, ohne emotionale Bindung zu den Produkten". Auch die immergleichen Panflötenlaute in Wellnesshotels seien keine Stimmungsaufheller. Im Gegenteil: Negativ empfundene akustische Signale lösen laut dem Neurobiologen Walla Kampfverhalten und Fluchtverhalten aus.

Welche Töne sorgen dann für den positiven Big Bang in den Köpfen der Verbraucher? "Für die Auswahl der Musik sind viele Parameter notwendig", erklärt Sulzbacher, der in seinem Tonstudio "gosh!_audio" Werbe-Sounds kreiert. Entscheidend für die Klangkulisse in Verkaufsräumen, bei Messeauftritten, im Internet, TV oder Radio ist: Wie schaut das Produkt aus? Wer ist die Zielgruppe? Zu welcher Tageszeit werden die Personen angesprochen, in welchem Ambiente?

Grundsätzlich gilt dabei: Jazzigere Musik passt eher zu gehobenerem Publikum. Zu Produkten für Teenager passen rockige und flockige Klänge.

Bei langsamer Musik greifen Verbraucher öfter ins Regal

Dass der Rhythmus sich auf den Umsatz niederschlägt, belegen zahlreiche Beispiele: Sulzbacher berichtet etwa von einer Werbeaktion in einem Möbelhaus. Sessel, Sofas & Co wurden auf einem Bildschirm im Verkaufslokal abgebildet und mit wohligwarmer Musik untermalt. "Der Umsatz dieser Artikel hat sich im Vergleich zu vorher vervierfacht", so der Tonkünstler.

Studien belegen wiederum, dass im Supermarkt bei langsamer Musik mehr eingekauft wird als bei schneller. Im Restaurant sinken dagegen die Umsätze: Ist der Soundtrack langsam, lassen sich die Gäste mehr Zeit. Weniger Bestellungen sind die Folge.