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Ohne Sportler kein Spektakel - das neue Selbstbewusstsein der Athleten

Von Matthias Nagl

Analysen

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Der italienische Abfahrtsroutinier Werner Heel artikuliert den Protest der Skiläufer gegen die Materialreform des internationalen Skiverbandes (FIS) am schrillsten: "So nicht, meine lieben Freunde, wenn ihr es anders nicht verstehen könnt, dann werde ich jetzt versuchen, es euch zu erklären: Ohne Athleten gibt es keinen Sport, und ohne die Materialausstatter gibt es für uns keine Sponsoren, für euch (die Funktionäre, Anm.) hingegen wird immer noch irgendwelches Geld übrig sein, um euch zu mästen."

Mindestens genauso stark wie die Änderungen am Reglement stößt den Läufern dabei auf, dass sie von der FIS weitgehend ignoriert werden. Das mangelnde Mitspracherecht ist ein Punkt, den die Läufer schon regelmäßig kritisiert haben und der nun zum bisher lautesten Aufschrei führte. Immerhin etwa 180 Läufer und Läuferinnen, darunter fast alle Szenegrößen, haben sich dem Protest angeschlossen.

Dieser Protest fällt eher zufällig in eine Zeit, in der Sportler in mehreren Sportarten ihre Stimme aus den verschiedensten Gründen erheben. Trotz aller Unterschiede gibt es Gemeinsamkeiten. Die Sportler organisieren sich schnell, treten einheitlich auf und nehmen eine klare Opposition zu den Funktionären, quasi den angestammten Verwaltern des Sports, ein.

Und sie waren schon erfolgreich. In Spanien erstreikten die Fußballer zum Saisonstart unter anderem die Auszahlung ausstehender Gehälter für 200 Kollegen, in der nordamerikanischen Football-Liga erstritten die Profis eine bessere Absicherung für verletzte und zurückgetretene Profis. In Italien streiken die Fußballer derzeit gegen die Abschiebung in Ungnade gefallener Spieler und wegen der Frage, wer eine zusätzliche Steuer für Großverdiener bezahlen muss.

Diese Arbeitskämpfe mögen angesichts der absurd hohen Summen, die in den Top-Sportarten bezahlt werden, unverhältnismäßig wirken. Der Vorwurf an die Sportler, für die Einhaltung von Vertragsinhalten einzutreten, geht aber ins Leere. Genauso, wie den Sportlern die absurden, im Spiel befindlichen Summen vorzuwerfen. Dass auf der Jagd nach dem größten Spektakel der Preis keine Rolle mehr spielt, ist nicht die Schuld der Protagonisten.

Letzteren wird aber offenbar immer stärker bewusst, dass ohne sie das Spektakel kein Spektakel mehr ist - und versuchen ihren Interessen deshalb stärker Gehör zu verschaffen. Ob das nun die Einhaltung der Verträge, ein größerer Anteil vom Kuchen oder schlicht mehr Mitsprache in Sicherheitsfragen wie im Skisport ist. "Wir sind mündige Athleten und lassen uns nicht mehr alles gefallen", sagt Kilian Albrecht, Vorsitzender der FIS-Athletenkommission. Und im Kommunikationszeitalter gehen die Vernetzung untereinander und die Verbreitung der Forderungen auch schneller, als so mancher Funktionär schauen kann.