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Ohne starken Finanzminister keine starke Steuerreform

Von Christian Keuschnigg

Gastkommentare
Christian Keuschnigg ist Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS).

Nach Spindeleggers Rücktritt kommt es darauf an, wie schnell der Posten besetzt wird, damit das Projekt Steuerreform zügig weitergehen kann.


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Der Rücktritt von Finanzminister Michael Spindelegger unterbricht die Regierungsarbeit. Es stehen eine ganze Reihe von finanzpolitischen Großprojekten an: Steuerreform, Schuldenabbau, Pensionsreform zur Eindämmung des Bundeszuschusses, Finanzausgleich und Föderalismus und anderes. Der Finanzminister verhandelt mit allen Ressorts, wenn es um die Schwerpunktsetzung bei den öffentlichen Ausgaben geht. Hier wird Richtlinienkompetenz, Kompromissfähigkeit und gleichzeitig Durchsetzungsfähigkeit für die gesamte Regierungsarbeit bestimmend.

Das beste Beispiel dafür ist das Projekt Steuerreform, wo Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu korrigieren sind und politische Weltanschauungen aufeinanderprallen. Die kalte Progression treibt die Belastung ungebremst hoch. Den Steuerzahlern vergeht die Lust auf Leistung. Das österreichische Steuersystem ist intransparent und so komplex, dass sich niemand mehr auskennt. Es begünstigt die einen und benachteiligt die anderen, sodass die Verteilungswirkungen nur schwer nachvollziehbar sind. Die österreichische Bevölkerung ist unzufrieden und fragt sich, ob die Staatsausgaben noch den Preis der hohen Steuerbelastung wert sind.

Es braucht ein Steuersystem, das leistungsfreundlich, fair und einfach ist und gleichzeitig nachhaltige Einnahmen beschafft. Wenigstens sollen die nicht beschlossenen Einnahmen aus der kalten Progression zurückgegeben werden. Die Leistungsfreundlichkeit kann aber nur dann zunehmen, wenn es eine echte Entlastung durch zusätzliche Einsparungen gibt, damit gleichzeitig ein langsamer Schuldenabbau möglich ist.

Fairness bedeutet, dass die Steuern nur in einer Richtung, von oben nach unten, umverteilt werden. Und ein gleich hohes Einkommen soll auch gleich hoch besteuert werden, egal, ob es ein Lohn oder eine Dividende eines kleineren
oder mittleren Unternehmers ist. Begünstigungen mit unklaren Verteilungswirkungen, einschließlich der Begünstigung des 13. und 14. Gehalts, sollten beseitigt werden.

Dann können die Steuersätze einschließlich des Eingangssteuersatzes für alle niedriger ausfallen. So wird das Steuersystem auch einfacher und weniger kostspielig in der Verwaltung. Am unteren Einkommensende, wo keine Steuern anfallen, kommt es darauf an, die Vielzahl von Ersatzleistungen besser zu koordinieren.

Ohne einen starken Finanzminister kann es keine starke Steuerreform geben. Jetzt kommt es darauf an, wer nachkommt und wie schnell der Posten besetzt wird, damit das Projekt möglichst schnell weitergehen kann. Er oder sie soll so viel Fach- und Richtlinienkompetenz mitbringen, dass die Experten des Ministeriums richtig genutzt und sichere Grundsatzentscheidungen gefällt werden können.

Er oder sie soll auf politischen Rückhalt zählen können, damit er oder sie stabile Verhandlungslösungen befördern und ein klares Programm für die Regierungsarbeit mitentwickeln kann. Und er oder sie soll die nachfolgenden Generationen fest im Blick haben, damit die Regierungsarbeit in Österreich nachhaltiger wird.