Irans Präsident Rohani kämpft weiter mit Hardlinern im Land - diese verteidigen Schlüsselposten.
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Teheran. Das ist die wohl schmerzlichste Nachricht für den als moderat geltenden iranischen Präsidenten Hassan Rohani: Einer der konservativsten Kleriker des Iran, Ayatollah Mohammad Yazdi, wurde am 10. März mit 47 von 73 Stimmen zum neuen Chef des Expertenrates gewählt und tritt sein Amt an, während im Schweizer Lausanne um eine Lösung im Atomstreit gerungen wird. Der Rat, der den Obersten Geistlichen Führer Ali Khamenei ernennt und auch absetzen kann, wird Präsidenten Rohani künftig verstärkt auf die Finger schauen. Rohani, der um eine Annäherung an den Westen und um eine Lösung des seit zwölf Jahren andauernden Atomstreits rund um die umstrittene iranische Urananreicherung bemüht ist, bläst daher nun künftig ein rauer Wind aus dem Klerus entgegen.
Überraschender Wahlsieg
Die Wahl von Yazdi, 83 oder 84 Jahre alt, kam für viele überraschend und kann als herbe Niederlage für den moderaten Flügel gesehen werden. Der Gegenkandidat, Akbar Hashemi Rafsanjani erhielt nur 24 Stimmen. Yazdi war nach der Islamischen Revolution 1979 zunächst Vizeparlamentspräsident und bis 1999 zehn Jahre lang Justizchef. Er tritt die Nachfolge von Ayatollah Mohammad Reza Mahdavi-Kani an, der vor fünf Monaten starb. Yazdi sitzt auch im Wächterrat und liefert sich seit Jahren einen Konkurrenzkampf mit Rafsanjani, der vom Reformlager unterstützt wird. Der Ayatollah wird das 86-köpfige Expertenratsgremium zunächst nur für knapp ein Jahr führen.
Am 26. Februar kommenden Jahres werden das nationale Parlament (Majles) und der Expertenrat neu vom Volk gewählt. Die Wahl Yazdis zeigt noch einmal deutlich den tiefen Riss, der derzeit durch die Führungsriege geht. Denn der Expertenrat, der die Arbeit Khameneis beurteilt und diesen auch (ab-)wählen kann, ist eine Schlüsselinstitution. Aus zwei Gründen ist er besonders wichtig: Einerseits bestimmt das Gremium den Nachfolger des Geistlichen Obersten Führers Ali Khamenei, der schwer krank ist. Andererseits sitzen viele einflussreiche Kleriker im Gremium, die einem Atom-Deal zwischen dem Westen und dem Iran nichts abgewinnen können. Rohani hatte die Hardliner im September als "politische Feiglinge" bezeichnet. Er bezog sich damit vor allem auf die Vorbehalte gegen die Atomgespräche.
"Sobald wir verhandeln, beginnen sie zu zittern. Schert euch zum Teufel und sucht euch einen warmen Ort", hatte Rohani damals gewettert. Kurz darauf hagelte es Kritik. Khamenei, der in allen Belangen das letzte Wort hat, stellt sich vorläufig auf die Seite Rohanis und Zarifs. Die Ayatollahs im Expertenrat, die die Mehrheit stellen, könnten Rohani fortan das Leben schwer machen.
Hardliner besorgt um Macht
Besorgt um ihre Macht sind die Hardliner seit der Wahl Rohanis im Juni 2013 ohnehin. Die jetzige Wahl Yazdis ist nur ein Vorgeschmack auf die zwei anstehenden Schlüsselwahlen 2016. Die zentrale Frage hinter diesen Scharmützeln lautet: Kann sich Rohani mit seinem Kurs durchsetzen? Schafft er es, die Hardliner von weiteren Schlüsselpositionen zu verdrängen oder muss er - wie bereits der ehemalige Reformpräsident Mohammad Khatami - deutliche Grenzen seiner Macht anerkennen?
Wenn Rohani und Zarif den zwölf Jahre andauernden Atomstreit mit dem Westen heuer endgültig lösen können, dann würden die westlichen Sanktionen suspendiert werden. Dies würde automatisch die moderaten Kräfte stärken. Khamenei würde ihnen dann auch mehr politischen Spielraum geben. Schafft Rohani es nicht, die Sanktionen gegen sein Land zu beenden, dann würden die Hardliner automatisch wieder den Rückhalt Khameneis erhalten und der gesamte moderate Kurs des Präsidenten wäre im Nu Geschichte. Im Iran steht in dieser Woche gleichzeitig mit dem Beginn des Frühlings der Jahreswechsel ins Jahr 1394 bevor (Zeitrechnung ab 621 n. Chr., ab der Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina). Pünktlich zum neuen Jahr wollte Rohani der Bevölkerung eine bessere Wirtschaftslage und eine Bürgerrechtscharta präsentieren. Beides geht nur, wenn es einen Rahmen-Deal im Atomstreit gibt.
"Wie ein Dominoeffekt"
"Es ist eigentlich einfach wie ein Dominoeffekt. Wenn sich ein Stein bewegt und er richtig positioniert ist, dann kommt Bewegung in die ganze Sache. Dieser erste wichtige Stein ist der Rahmen-Deal im Atomstreit. Gelingt es nicht, diesen Stein zu setzen, dann wird das ganze Spiel für Rohani abrupt abbrechen", analysiert der Politologe Farshid E. im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Hardliner kontrollieren derzeit acht von 12 Schlüsselinstitutionen im Land, darunter das Justizsystem, das Militär, den Expertenrat und das Parlament. Wenn Rohani die Sanktionen abwenden kann, dann laufen sie Gefahr, bei der Parlaments- und Expertenratswahl 2016 eine herbe Wahlniederlage einstecken zu müssen.