Die Angst vor dem Neuen und die Neugier auf ebensolches halten sich bei den meisten Menschen die Waage. Sie kennen beides, schätzen beides. Dass etwas neu ist, hat dabei an sich noch keinen negativen oder positiven Beigeschmack.
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In der zeitgenössischen Musik sieht das anders aus. Da finden sich Neugierde und Angst selten in ein und demselben Zuhörer. Die beiden Arten, dem Neuen zu begegnen, trennen Konzertbesucher feinsäuberlich in zwei Lager. Und in denen herrschen dogmatische Festschreibungen.
Die einen schätzen ein Werk vor allem, weil es neu ist. Für sie steht der Neuigkeitsgrad an sich über der Qualität des Werks selbst. Alles, was neu ist, ist schon deshalb einmal gut. Hauptsache neu. Die anderen lehnen das Neue grundsätzlich ab. Eben weil es neu ist und damit suspekt. Ein Stück wird abgelehnt, noch bevor der erste Ton erklungen ist. Auch hier ist das Neue eine Bewertungskategorie, nur eben eine negative. In den letzten Jahren hat sich auch noch eine seltsame bürgerliche Mischform entwickelt. Zuhörer, die das Neue eigentlich ablehnen, es aber schick finden, über sich sagen zu können, dass sie Neue Musik schätzen. Sie applaudieren dann höflich, machen gute Miene zum schrägen Klang.
Was aber all diese Zuhörer verbindet? Sie haben eine der Grundlagen von Musikkonsum verloren: Nämlich einfach zuzuhören.
Siehe auch:Wiener Zeitung-Interview mit dem Komponisten Johannes Maria Staud