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ÖIAG-Chefsessel wieder frei

Von Brigitte Pechar

Wirtschaft

SPÖ fordert vor Personalentscheidung von ÖVP Konzept für die Staatsholding.


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Wien. Knapp ein Jahr ist es her, dass Markus Beyrer Alleinvorstand der ÖIAG wurde. Gegen den deklarierten Willen der SPÖ, aber eingesetzt vom vormaligen Finanzminister Josef Pröll, kam er im Juli 2011 an die Spitze der österreichischen Staatsholding. Am Donnerstag wurde bekannt, dass der frühere Generalsekretär der Industriellenvereinigung seinen ÖIAG-Sessel räumen wird. Bereits heute, Freitag soll Beyrer zum Generaldirektor von Businesseurope gekürt werden. Aus dem Finanzministerium als ÖIAG-Eigentümer war keine Stellungnahme zu erhalten. Insgesamt hielt sich die Politik mit Kommentaren zurück.

Beobachter stellen sich die Frage, ob Beyrer mit den Aufgaben in der ÖIAG überfordert war, ob die Anschuldigungen im Zuge der Causa Telekom im Korruptionsuntersuchungsausschuss (Teilnahme an Jagdgesellschaften des Unternehmens als IV-Generalsekretär) Ausschlag für seinen Rückzug gegeben haben, oder ob man einem solchen Ruf nach Brüssel einfach folgen muss. "Vor die Entscheidung gestellt, ob ich Businesseurope-Chef werden will oder in der ÖIAG zu bleiben, wüsste ich, wie ich mich entscheiden würde", sagte ÖVP-Budgetsprecher Günter Stummvoll zur "Wiener Zeitung". Businesseurope sei immerhin die Dachorganisation der europäischen Industriellenvereinigungen mit 20 Millionen Mitgliedern und somit "die" Vertretung der Wirtschaft in der EU. Eine Bilanz über Beyrers Tätigkeit in der ÖIAG wollte Stummvoll nicht wagen, dazu sei dieser zu kurz in dieser Funktion gewesen, meinte aber: "Er hat sich tapfer geschlagen."

ÖIAG auflösen oder aufwerten?

Beyrers Abgang löst die alte Debatte um die Sinnhaftigkeit der ÖIAG erneut aus. Immerhin sind dort nur noch Anteile von drei Unternehmen zu verwalten: Post (52,85 Prozent), OMV (31,5 Prozent) und Telekom Austria Group (28,42 Prozent). Drinnen sind auch noch die Bergbauholding (100 Prozent) und die Finanzmarktbeteiligungs AG, die "Banken-ÖIAG" (100 Prozent).

"Es ist nicht gut, dass die ÖIAG jetzt führungslos ist", heißt es aus dem Büro von SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. Dort möchte man vor einer neuerlichen Personalentscheidung die Frage klären, wie Österreichs Industriepolitik künftig aussehen und strukturiert sein soll. "Wenn die ÖIAG als reines Privatisierungsinstrument dienen soll, brauchen wir sie nicht", sagt Schieders Sprecher zur "Wiener Zeitung". Allerdings sieht die SPÖ bei der ÖVP wenig Bereitschaft, diese Strukturfrage zu klären.

Auch der frühere Finanz-Staatssekretär Christoph Matznetter (SPÖ) ist der Meinung, dass es für die Verwaltung der drei Firmenanteile keine eigene Organisation braucht. Die SPÖ sei nach wie vor dafür, eine Infrastrukturholding zu schaffen, in der auch der Verbund, die ÖBB und die Asfinag einbezogen werden. "Denn das macht nur Sinn, wenn es Synergien gibt", sagte Matznetter. Stummvoll sieht "grundsätzlich keinen Grund, an der ÖIAG etwas zu ändern". Diese habe es vor Beyrer gegeben und werde es auch nach ihm geben. Aber auch für ihn wäre es sinnvoll, andere Unternehmen in diese Konstruktion aufzunehmen. "Ich bin aber nicht sicher, ob sich in dieser Legislaturperiode noch etwas tut", ist Stummvoll skeptisch.