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ÖIAG-Reform droht in Sackgasse zu geraten

Von Karl Leban

Wirtschaft

Noch heuer soll ein Konzept auf den Tisch.


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Wien. Ob das kurz vor dem Jahreswechsel noch etwas wird? Skepsis scheint angebracht. Ursprünglich hatte die Regierung im September nach ihrer Klausur in Schladming angekündigt, noch heuer ein Reformpapier für die staatliche Industrieholding ÖIAG vorlegen zu wollen. Doch wie so meist scheint der Teufel im Detail zu stecken. Ein Treffen des Reform-Teams mit den Spitzen der Regierung brachte am Montag jedenfalls keine Ergebnisse. Damit hängt die geplante Runderneuerung der ÖIAG vorerst weiter in der Luft.

Schon im Vorfeld des Meetings war von einem Gordischen Knoten die Rede gewesen. Wobei es unter Insidern als sehr unwahrscheinlich gegolten hatte, dass die beiden Koalitionsparteien ihn bereits jetzt zerschlagen würden.

Politik will ÖIAG neueStruktur verpassen

Bei der ÖIAG-Reform, auf die sich die Regierung im Vorjahr in ihrem Arbeitsprogramm fix geeinigt hat, geht es um eine neue Struktur für die Staatsholding. Zum einen soll sie mehr Verantwortung bekommen, indem sie zusätzliche Bundesbeteiligungen übernimmt, und zum anderen soll ihr Aufsichtsrat so "umgekrempelt" werden, dass der Staat in der ÖIAG wieder strategisch mitentscheiden kann. Das Prinzip des sich selbst erneuernden Kontrollgremiums, das unter der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 etabliert wurde, soll beseitigt werden.

Einig sind sich SPÖ und ÖVP darin, dass eine Erweiterung des ÖIAG-Aktionsradius um jene staatlichen Unternehmen, die der Holding neu eingegliedert werden, einen "Mehrwert" für den Standort und die Beschäftigten haben muss. Genau hier scheint es sich allerdings zu spießen.

Denn angedacht ist, das aktuelle ÖIAG-Beteiligungsportfolio aus OMV, Post, Telekom, APK Pensionskasse, Vamed und GKB Bergbau-Holding etwa um die Casinos Austria, den Verbund oder dessen Stromtransporteur Austria Power Grid aufzustocken, aber auch um die Autobahnfinanzierungsgesellschaft Asfinag und die Schienennetz-Sparte der ÖBB. Damit wäre es grundsätzlich denkbar, innerhalb der Staatsholding neben einem Bereich mit vermarktungsfähigen Beteiligungen einen eigenen Infrastrukturbereich zu schaffen.

ÖBB- und Asfinag-Betriebsratdrohen mit Arbeitskampf

Die Betriebsräte der Asfinag und der Bundesbahn sprechen sich jedoch massiv gegen eine Eingliederung ihrer Unternehmen in die ÖIAG aus. Erst kürzlich haben die Belegschaftsvertreter mit einem gemeinsamen Arbeitskampf gedroht, in den man ziehen werde, sollte man das ÖIAG-Schicksal teilen müssen".

"Wenn das ÖBB-Schienennetz in die ÖIAG eingegliedert wird, wäre das nichts anderes als eine Teilprivatisierung der ÖBB über die Hintertür", meint der oberste Eisenbahngewerkschafter Roman Hebenstreit. Nachsatz: "Gegen das Verramschen unserer Arbeitsplätze über die ÖIAG werden wir uns gebührend wehren."

Zur Asfinag haben sich zuletzt auch die beiden Autofahrerklubs Arbö und ÖAMTC zu Wort gemeldet. Sie geben zu bedenken, dass eine Eingliederung in die Staatsholding das Risiko eines Verkaufs der heimischen Straßeninfrastruktur eröffne - nämlich an Investoren, die daraus Gewinne erwarten würden.

"Der Ball liegt nun bei der SPÖ, was das Thema ÖIAG-Reform betrifft", heißt es aufseiten der ÖVP. Da die Sozialdemokraten im neustrukturierten ÖIAG-Aufsichtsrat vertreten sein wollen, "kann die Reform nur dann funktionieren, wenn die SPÖ etwas in das Beteiligungsportfolio der Staatsholding einbringt". Konkret zumindest einen Teil der Asfinag und der ÖBB, die beide der roten Einfluss-Sphäre zuzurechnen sind.

Indes gilt Kanzler Werner Faymann innerhalb seiner Partei derzeit als massiv geschwächt. "Er kann derzeit nichts machen, was gegen die Gewerkschaft wäre", so ein Insider mit Blick auf Asfinag und ÖBB. "Sonst würde er seine Position weiter schwächen."

Damit aber droht die geplante ÖIAG-Reform zu scheitern. Sollte dieses Szenario tatsächlich eintreten, würde alles beim Alten bleiben. Denn eine Abschaffung der ÖIAG, wie zuletzt von ÖBB-Konzernbetriebsratschef Hebenstreit wiederholt gefordert, steht nicht zur Debatte. Bei einer Auflösung der Staatsholding würde die Republik wichtige Mitbestimmungsrechte bei der OMV und der Telekom verlieren, weil die ÖIAG dort Syndikatsverträge hat. Außerdem sind OMV, Telekom und Post allesamt börsenotiert. Eine Auflösung der ÖIAG würde der Kapitalmarkt "mit Sicherheit nicht goutieren", heißt es im Umfeld der Regierung.

Faymann und Mitterlehnersetzen aufs Prinzip Hoffnung

Die Spitzen der Regierungskoalition - Faymann und dessen Vize Reinhold Mitterlehner - demonstrieren unterdessen Geschlossenheit. Sie bekräftigten am Montag, dass noch heuer ein gemeinsames ÖIAG-Reformkonzept stehen soll. Wobei heuer nicht ganz eng zu sehen sei: "Wenn es der 3. Jänner ist, werden wir auch kein Drama daraus machen", sagte Mitterlehner. Im Jänner soll das Konzept jedenfalls im Ministerrat behandelt werden - und im Frühjahr dann vom Parlament.

Der Kanzler betonte, zunächst wolle man das Ziel für die ÖIAG-neu definieren, dann die Struktur festlegen und erst dann über Personen reden. Wenn die Politik Verantwortung wahrnehme, "wo sie Verantwortung für die Rahmenbedingungen hat", bedeute das nicht, parteipolitisch Posten zu besetzen. Vielmehr müsse man die Rolle der Politik für Industrie und Infrastruktur definieren, so Faymann. Und für die zu besetzenden Posten müssten vor allem Qualitätskriterien festgelegt werden.