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Öko, lukrativ - und nicht für Kleinanleger geeignet

Von Alexander Dworzak

Wirtschaft

Windkraftbetreiber insolvent - Politik will "Grauen Kapitalmarkt" einschränken.


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Berlin/Wien. "Es ist Zeit, etwas zu ändern. Und das lohnt sich. 8Prozent Zinsen mit erneuerbaren Energien." Diese Werbebotschaft ließ der deutsche Windkraftbetreiber Prokon einst affichieren, grafisch untermalt vom Symbol für Radioaktivität, das sich Schritt für Schritt in ein Windrad verwandelt. 75.000 Kleinanleger folgten der Botschaft von Firmengründer Carsten Rodbertus, investierten 1,4 Milliarden Euro in das Unternehmen. Nun ist Prokon insolvent - und die Investoren bangen um ihr eingesetztes Kapital.

Dass überdurchschnittliche Renditen auch mit überdurchschnittlichen Risiken verbunden sind, wollten viele von ihnen lange nicht wahrhaben. Sie ließen sich auf das Prokon-Modell der Genussrechte ein, eine Mischform aus Aktien und Anleihen. Anleger durften ab einer Einlage von 2500 Euro das gute Gewissen haben, die Energiewende aktiv voranzutreiben, und erhielten dafür auch noch regelmäßig Zinsen.

Prokon wiederum investierte in mehr als 50 Windparks in Deutschland, Polen und Finnland. Auch eine Ölmühle, Wälder und ein Holz verarbeitender Betrieb zählten laut "Süddeutscher Zeitung" zum Portfolio von Prokon, das 2012 einen Umsatz von 410 Millionen Euro erwirtschaftete. Die Anleger waren aber nicht an der Firma beteiligt - somit auch nicht zur Mitsprache berechtigt.

Trotzdem hielten sie der Strategie des Unternehmens lange die Treue, bis im Dezember 2013 Prokon einen dreistelligen Millionenverlust ankündigte - und die Investoren kalte Füße bekamen. "Wir brauchen Zeit, um die Genussrechte und das Unternehmen zu restrukturieren und wieder auf einen zukunftsfähigen Kurs zu bringen", bat Firmenchef Rodbertus um Geduld. Aber nur die Hälfte der Investoren will Prokon die Treue halten. Mit dem Verkauf einzelner Windparks soll nun Geld in die Kassen fließen.

Fans besorgen die PRdes Unternehmens

Einen Schuldigen für das Desaster hat Prokon bereits gefunden: die Medien. Von "gezielter Manipulation" bis zur "Instrumentalisierung durch Banken und Industriekonzerne" reichen laut dem NDR-Magazin "Zapp" die Vorwürfe. Für Journalistenanfragen stand das Unternehmen nicht zur Verfügung. Dafür sprangen Anleger in die Bresche: Mehr als 5000 formierten sich zu den "Freunden von Prokon", um "ihr" Unternehmen öffentlich zu verteidigen. Unangenehme Fragen werden auch die wohlgesonnenen Anleger nicht beantworten, etwa, warum Prokon keinen Konzernabschluss präsentiert, sondern nur Jahresabschlüsse für Teilbereiche - die miteinander Geschäfte machen.

Prokons Geschäftsgebarung ruft auch die deutsche Regierung auf den Plan: "Wo es Verbrauchern schwerfällt, sich selbst zu schützen, müssen wir für mehr Transparenz sorgen", erklärte Verbraucherminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag. Jener "Graue Kapitalmarkt" von abseits öffentlicher Börsen vertriebener Finanzprodukte könnte in Zukunft stärker reguliert werden. Ein Verbot für den Verkauf riskanter Finanzprodukte an Kleinanleger wird auch nicht ausgeschlossen.