Zum Hauptinhalt springen

Ökologische Steuern sind sinnvoll, wenn falsche Anreize gekippt werden

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Ein Paradies für Lobbyisten: Jeder kann nach Belieben Schreckensszenarien zeichnen, die es unter allen Umständen zu verhindern gilt. Nein, die Rede ist zur Abwechslung nicht von den Banken, von denen sich einige EU-Parlamentarier plötzlich unangenehm bedrängt fühlen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ein ähnliches Schauspiel läuft in Österreich rund um die Budgetsanierung. Es war ein klarer taktischer Fehler der Regierung, sich auf konkrete Einsparziele festzulegen, aber zugleich nur ein paar Schlagworte unters Volk zu werfen. So hat man der Debatte einen Bärendienst erwiesen: Jede Interessenvertretung diskutiert über Vorschläge, die gar nicht auf dem Tisch liegen, und kalkuliert mit Annahmen, die es nicht gibt.

Bestes Beispiel: Die sogenannte "Ökologisierung des Steuersystems", ins Rennen gebracht von der ÖVP. Vermutlich war die Idee, ein gut klingendes Schlagwort (so wie aus SPÖ-Sicht die "Vermögenssteuer") werde als Beruhigungspille bis Herbst fürs Erste ausreichen. Die bitteren Details folgen eben später.

Allerdings geistern jetzt alle möglichen und unmöglichen Rechenmodelle durch das Land - schließlich weiß keiner, was wirklich geplant ist. So wird es umso schwerer, die zusehends zerfleddernde Debatte wieder einzufangen.

"Dieses, flapsig formuliert, Namedropping bringt uns in der Steuerdebatte nicht weiter, weil es den Blick für umfassendere Überlegungen versperrt", sagt der Umweltökonom Stefan Schleicher.

Er befürchtet, dass die an sich richtige höhere Besteuerung von fossilen Energieträgern nicht mit einem Systemumbau einhergeht, weil der Betrag für die Budgetsanierung benötigt wird. Damit werden aber Lenkungseffekte verpasst, die langfristig auch dem Wachstum zugute kämen. Ähnliches kritisieren Experten auch an der Bankenabgabe - ein schlichtes Zur-Kasse-Bitten verpasst die Gelegenheit, die Risikofreude der Banken zu steuern.

Schleicher plädiert deshalb dafür, die völlig widersprüchlichen Förder- und Anreizsysteme auf unerwünschte Effekte abzuklopfen: Es ist widersinnig, wenn man den Bürgern signalisiert, sie sollen ihr Fahrzeug öfter stehen lassen - und sie zugleich mit völlig überhöhten Kilometergeldsätzen und Pendlerpauschalen dazu animiert, doch ins Auto zu steigen.

Ebenso widersinnig ist es, mit den diversen Wohnbaufördergeldern für Einfamilienhäuser in den Speckgürteln die Zersiedelung zu fördern, sodass zwei Fahrzeuge pro Haushalt unumgänglich sind - und im nächsten Moment den Zeigefinger wegen des hohen Benzinverbrauchs zu erheben. "Es sollte nicht jedes private Bauprojekt gefördert werden", so Schleicher, "sondern nur, wenn Zusatzleistungen damit verbunden sind, etwa ein Passiv- oder Plusenergiehaus."

Grundvernünftig, aber politisch wohl ebenso wenig realistisch wie eine deutliche Anhebung der Spritsteuern. Wo doch schon der Mut zu klaren Sparansagen gefehlt hat.

Siehe auch:Arbeiterkammer lehnt CO2-Steuer ab