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"Ökologischer Ablasshandel"

Von Vilja Schiretz

Politik

Am Montag endete die Begutachtungsfrist der Novelle des UVP-Gesetzes. Stellungnahmen kritisieren unscharfe Formulierungen und Windräder ohne Widmung.


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Es braucht mehr Tempo beim Ausbau von erneuerbaren Energien. In diesem Punkt herrscht weitgehend Einigkeit in den rund 40 Stellungnahmen zum Entwurf zur Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G), die bis zum Ende der Begutachtungsfrist am Montag eingegangen sind. Ende Juli hatte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Entwurf in Begutachtung geschickt, mit dem Ziel, durch effizientere UVP-Verfahren den Erneuerbaren-Ausbau voranzutreiben. Indem "Vorhaben zur Energiewende" ein hohes öffentliches Interesse zugesprochen wird, sollen Beschwerden keine aufschiebende Wirkung mehr haben, außerdem sollen Doppelprüfungen, etwa von Eingriffen ins Landschaftsbild, vermieden werden. Erleichterungen gibt es auch bei Ausgleichsmaßnahmen, die Projektwerber erfüllen müssen.

Gleichzeitig kommen neue Tatbestände dazu, die eine UVP nötig machen, bestehende Schwellenwerte, ab welchem Volumen ein Projekt überprüft werden muss, werden teilweise abgesenkt. Flächenverbrauch und Treibhausemissionen sollen zudem als Genehmigungskriterien verstärkt beachtet werden.

Was genau ein "möglichst geringer Flächenverbrauch" bedeutet, sei allerdings zu unscharf formuliert, wird etwa in Stellungnahmen des WWF oder des Gemeindebundes bemängelt. Ob die neuen Kriterien erfüllt sind, sei für Projektwerber aufwendig nachzuweisen, moniert das Wirtschaftsministerium ebenso wie das Land Tirol. Beide Stellungnahmen stellen in Frage, ob Umweltverträglichkeitsprüfungen das richtige Mittel sind, einem exzessiven Flächenverbrauch entgegenzuwirken.

Kritik an Ausgleichszahlung

Für Aufsehen sorgte bereits im Vorfeld eine Passage im Gesetzesentwurf, wonach in Bundesländern ohne Energieraumplanung Windräder künftig auch ohne entsprechende Flächenwidmung errichtet werden können. Die Möglichkeit, sich über die Länder hinwegzusetzen, sei "verfassungsrechtlich äußerst bedenklich", heißt es etwa vom Land Tirol. Eine Verfahrensbeschleunigung dürfe nicht zulasten der Kompetenzen der Gemeinden und deren Autonomie bei der örtlichen Raumplanung gehen, meint der Gemeindebund. "Die Raumordnungskompetenz ist aus guten Gründen bei den Ländern und Gemeinden angesiedelt." Regionale Unterschiede und die Lebensqualität der Bürger müssten immer im Mittelpunkt stehen.

Kritik gibt es auch an den vorgesehenen Erleicherungen bei den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die künftig erst nach Abschluss des Verfahrens konkret festgelegt werden müssten. Wenn solche Maßnahmen nicht umsetzbar sind, soll es die Möglichkeit einer Ausgleichszahlung geben, die für Naturschutz zweckgewidmet ist. Ausgleichszahlungen würden "unweigerlich zu einer Vernachlässigung der primären Pflicht zur Vermeidung beziehungsweise Minderung von Eingriffsfolgen" führen, kritisiert die Arbeiterkammer, die oberösterreichische Umweltanwaltschaft befürchtet einen "ökologischen Ablasshandel". Es sei zudem offen, wann Ersatzmaßnahmen als nicht durchführbar gelten und nach welchen Kriterien die Ausgleichszahlungen zu berechnen sind, bemängelt wiederum das Land Tirol.

Insgesamt wohl mehr Verfahren

Fraglich ist für die Verfasser der Stellungnahmen, ob das Ziel der Novelle, den Verwaltungsaufwand für UVP-Verfahren zu reduzieren, durch die angedachten Maßnahmen überhaupt erreicht werden kann, immerhin werden die neuen Tatbestände und niedrigeren Schwellenwerte wohl zu mehr Umweltverträglichkeitsprüfungen führen. Das Bildungsministerium geht in seiner Stellungnahme jedenfalls von einer "signifikanten Steigerung der Anzahl der Verfahren" aus. Um rasche Prüfverfahren zu garantieren, sei es jedenfalls nötig, Behörden und Gerichte mit entsprechenden personellen Ressourcen auszustatten, meinen Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund.

Der WWF hätte sich hingegen eine noch stärkere Absenkung der Schwellenwerte gewünscht. Bei Umweltschutzorganisationen stößt der Gesetzesentwurf allgemein auf wenig Gegenliebe. Der WWF befürchtet ein "Husch-Pfusch-Prinzip" bei künftigen Umweltverträglichkeitsprüfungen und kritisiert etwa, den Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden.

Generell befürchtet man eine Vernachlässigung des Schutzes der Biodiversität zugunsten des Erneuerbaren-Ausbaus. "Diese einseitige Überhöhung ignoriert die gebotene Gleichrangigkeit von Klima- und Biodiversitätskrise", schreibt der WWF. Das sei nicht nur kontraproduktiv, sondern würde auch gegen die Ziele der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU verstoßen.