Die Umsetzung einer "Stadt ohne Kohlendioxid" wurde von Krise gebremst. | In der Abu-Dhabi- Wüste soll weltgrößtes Solarkraftwerk entstehen. | Dubai. Die Phase der Ungewissheit soll bald vorbei sein: Noch im Juli will die Abu Dhabi Future Energy Corporation bekanntgeben, wie es mit der Ökostadt Masdar weitergehen soll. Das Staatsunternehmen hat den Londoner Architekten Norman Foster beauftragt, einen revidierten Masterplan vorzulegen. Dieser soll das Projekt an die neuen Umstände anpassen.
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Der erste Masterplan, Anfang 2008 vorgelegt, sah den Bau der Ökostadt bis Mitte dieses Jahrzehnts vor. Bis dann sollte Masdar Wohnraum für 50.000 Menschen und 90.000 Arbeitsplätze bieten. Die autofreie und kohlendioxidneutrale Stadt sollte zu einem globalen Zentrum der Erforschung und Produktion erneuerbarer Energie werden.
Inzwischen sind die Ansprüche zurückgeschraubt worden. Der Bau erfolgt in Etappen. Die Stadt soll erst 2020 eine "kritische Masse" erhalten und im folgenden Jahrzehnt fertiggestellt werden. Sie soll immer noch ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt werden.
Aber diese Energie muss nicht mehr zwingend in der Stadt selber erzeugt werden. So hat Masdar Mitte Juni eine Vereinbarung mit dem französischen Energieriesen Total und dem spanischen Solaranlagenbauer Abengoa abgeschlossen, der den Bau eines Solarkraftwerks mit einer Kapazität von 100 Megawatt vorsieht. Damit wäre es das größte Solarkraftwerk weltweit. Die Investitionen betragen 600 Millionen Dollar. Gebaut werden soll die Anlage 100 Kilometer südwestlich von Masdar bei Madinat Zayed.
Zu den größten Herausforderungen gehört die Organisation des Verkehrs innerhalb der Stadt. Ursprünglich war eine Flotte von automatischen Stromtaxis vorgesehen, die auf einem festen Netz von Routen verkehren sollten. Erste Test sind bereits gemacht worden. Allerdings sind die Taxis noch bei weitem zu teuer. Auch die Anbindung an die angrenzenden Viertel fehlt - die Hauptstadt Abu Dhabi ist inzwischen an das Masdar-Gelände herangewachsen. "Es wäre großartig, 3000 dieser Taxis in Masdar herumfahren zu lassen. Aber das wären Fahrzeuge, die außerhalb Masdars nicht verkehren können", sagte Richard Reynolds, bei Masdar City für den Einkauf zuständig. Nun werde darüber nachgedacht, Stromautos einzusetzen. Bis Mitte des Jahrzehnts wollen gleich mehrere Autohersteller mit der Massenproduktion von Stromautos begonnen haben.
Internationale Agentur fürErneuerbare Energie
Mit dem revidierten Masterplan fällt auch die Entscheidung, welche Teile der Stadt in der ersten Phase gebaut werden. Beinahe fertiggestellt ist eines der beiden Kernstücke Masdars: das Masdar Institute of Science and Technology. Ab September sollen hier die Studenten unterrichtet werden, die bisher in Provisorien in der Stadt untergebracht waren. Neben der Universität ist eigentlich das Masdar-Hauptquartier vorgesehen. Wird es gebaut, würde hier die Internationale Agentur für erneuerbare Energien untergebracht. Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten den Sitz im Wettbewerb mit Bonn gewonnen. Masdar war dabei eines ihrer wichtigsten Argumente gewesen. Nun ist die Behörde in der Innenstadt Abu Dhabis untergebracht.
Die Anpassung der ursprünglichen Pläne Masdars war einerseits nötig geworden, weil ihre Verwirklichung größere technische Anforderungen stellte als erwartet. Zum anderen hat der Beinahe-Bankrott des Nachbaremirats Dubai auch ein Umdenken im ölreichen Abu Dhabi ausgelöst. Abu Dhabi musste 2009 dem Nachbarn mit Dutzenden Milliarden Dollar vor dem Bankrott retten. Außerdem wurde sichtbar, dass auch bei großen Projekten in Abu Dhabi selbst die Rentabilität nicht gewährleistet war. So ist die Formel-1-Strecke Yas Island nur wenige Kilometer von Masdar mit ihren Hotelanlagen bisher ein großer Verlustbringer. Masdar-Chef Sultan Al Jaber ordnete deshalb Ende 2009 eine Überprüfung Masdars an. Gleichzeitig verließ auch ein Teil der ursprünglichen Führungsmannschaft das Unternehmen. Im Februar wurden Masdar-City-Chef Khaled Awad und Ziad Tassabehji, Chef Innovation und Investition, abgelöst.
Im Juni verließen der Tariq Ali, Chef des Masdar Institute, Dan Weisser als Chef der Immobilieninvestitionen und Projektmanager Alistair Murray Masdar.
Trotzdem glauben Unternehmen in aller Welt weiter an den Masdar-Plan. So hat General Electric bereits einen Mietvertrag unterzeichnet für einen Teil jener 120.000 Quadratmeter kommerzieller Fläche, die in der ersten Phase zur Verfügung stehen. In der "Free Zone Masdar", in der die in Abu Dhabi üblichen Beschränkungen der freien Geschäftstätigkeit nicht gelten, haben sich bereits 64 Unternehmen niedergelassen.