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Ökumene in Sibiu

Von Martyna Czarnowska aus Sibiu/Hermannstadt

Europaarchiv

Ökumenisches Treffen in Sibiu. | Sibiu/Hermannstadt. Kurz nach Mittag füllen sich die Gastgärten in der Fußgängerzone im alten Zentrum von Sibiu. Evangelische Priesterinnen, orthodoxe Popen, Nonnen und Studenten nutzen die Pause zwischen den Ansprachen und Diskussionsveranstaltungen für eine Mahlzeit. Am Nachmittag wird die mächtige evangelische Pfarrkirche zu einem Vortragssaal. Denn in der mittelrumänischen Stadt findet bis Sonntag die dritte Europäische Ökumenische Versammlung statt.


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Herausforderungen wie Migration und Bewahrung der Schöpfung stehen dabei ebenso zur Debatte wie interreligiöser Dialog. Das Treffen sollte auch der Bestandsaufnahme dienen: Was hat sich seit der Unterzeichnung der Charta Oecumenica im Jahr 2001 getan, die Leitlinien für das Zusammenleben der Konfessionen festgelegt hat? Nicht dabei war Papst Benedikt XVI., was zu Spekulationen führte, dass die Terminkollision zwischen der Ökumenischen Versammlung und dem Österreich-Besuch des Kirchenoberhaupts kein Zufall war.

Benedikt XVI. wolle einer Diskussion über das umstrittene Vatikan-Dokument ausweichen, das Protestanten nach katholischer Lehre den Kirchenstatus abspricht, meinten Kritiker.

Das seien allerdings Debatten, die vor allem die Hierarchien betreffen, sagt Isabel Carter. Die Engländerin arbeitet in der Schöpfungs-Gruppe mit. "Klar werden auch diese Streitigkeiten besprochen", erklärt sie. Doch im Vordergrund stehe die wunderbare Gelegenheit, dass Menschen verschiedener Glaubensrichtungen - es sind an die 2000 Delegierte - zusammenkommen, miteinander reden und beten können. Gleichzeitig hofft Carter, dass die positiven Impulse von unten auf die Kirchenspitzen einwirken können.

Skeptischer sieht dies der rumänisch-orthodoxe Bischof Irineu. "Ökumenische Treffen wird es immer geben", stellt er fest. "Doch der theologische Dialog hinkt hinterher." Dieser werde durch offene Gespräche an der Basis kaum beeinflusst. Überhaupt sei die Ökumene nur auf einige Themen beschränkt. Ein Problem ortet der Bischof darin nicht. Der Orthodoxie sagen Kritiker eine große Distanz zur Ökumene nach.

Enttäuschung

Andere Einwände kommen von Jugendorganisationen. Sie zeigten sich über die Organisation der Ökumenischen Versammlung enttäuscht. "Es sind zu viele Frontalveranstaltungen", klagt etwa Ulrike Kind vom Dachverband der evangelischen Studenten in Deutschland. Und es gebe zu wenige Möglichkeiten, mit den Teilnehmern des Treffens ins Gespräch zu kommen. Auch der Begriff Delegierte sei zu hoch gegriffen. Denn die Gelegenheit zur Mitentscheidung gebe es nicht. Das Abschlussdokument der Versammlung sei bereits geschrieben. Als positiv sieht Kind zumindest an, dass 2000 Menschen nach Rumänien gekommen sind. Immerhin haben sie so die Möglichkeit, ein wenig das Land kennenzulernen.