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Öl-Embargo lässt EU-Einigkeit bröckeln

Politik

Im Streit um ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland fordert Ungarn Garantien für seine Energieversorgung.


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Emmanuel Macron gab sich optimistisch. "Wir bewegen uns auf eine Einigung auf ein sechstes Sanktionspaket zu", erklärte der französische Präsident, als er in Brüssel eintraf. Dort kamen die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Sondergipfel zusammen, der am Dienstag fortgesetzt wird. Der Krieg in der Ukraine gab die Agenda vor; Themen wie wachsende Energiepreise, Ernährungssicherheit und Verteidigungspolitik hatte EU-Ratspräsident Charles Michel in seinem Einladungsschreiben an die Spitzenpolitiker hervorgestrichen.

Was darin nicht erwähnt wurde, sorgte dennoch für Debatten: ein Öl-Embargo, das sich gegen Russland richten soll. Daher zeigten sich einige Amtskollegen Macrons skeptischer als dieser. Denn seit Wochen schon ringen die EU-Staaten um weitere Strafmaßnahmen gegen Moskau.

Ausnahmen für Pipelines

Das geplante, mittlerweile sechste Sanktionspaket soll nicht nur Öl-Lieferungen einschränken, sondern sieht ebenso Restriktionen gegen weitere Kreml-nahe Personen vor, wie das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, und die ehemalige Turnerin Alina Kabajewa, der enge Verbindungen zu Präsident Wladimir Putin nachgesagt werden. Auch der Ausschluss von drei russischen Banken aus dem internationalen Finanzsystem Swift, darunter mit der Sberbank das größte Kreditinstitut des Landes, steht im Raum.

Um den Widerstand Ungarns gegen die Pläne aufzuweichen, hatte die EU-Kommission ihren Vorschlag adaptiert. Das Öl-Embargo soll zunächst nur für Lieferungen per Tankschiff gelten. Außerdem soll es eine Ausnahme von dem Verbot für die Druschba-Pipeline geben. Beides ist ein Entgegenkommen nicht nur an Ungarn, sondern auch an zwei weitere Binnenländer, die ebenfalls über Druschba Erdöl beziehen: Tschechien und die Slowakei. Den drei Staaten winken außerdem Übergangsfristen bei der Loslösung aus der Abhängigkeit von Russland als Energielieferant - und finanzielle Unterstützung für den Umbau von Raffinerien sowie den Ausbau von Pipelines.

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Auch deswegen warfen Kritiker dem ungarischen Premier Viktor Orban vor, den Preis für sein Einverständnis zum Sanktionspaket hochzutreiben. Für die Verhängung der Strafmaßnahmen ist Einstimmigkeit der EU-Mitglieder nötig.

Beim EU-Gipfel bezeichnete Orban Ausnahmen vom Embargo für Pipelines zwar als "gute Lösung", doch forderte er zugleich Garantien für den Fall, dass die Leitungen blockiert werden. Sein Einverständnis zu den Sanktionen gegen Russland machte er davon abhängig, dass Ungarns Energieversorgung gesichert sei.

"Ukrainer zahlen mit Leben"

Seinen Unmut über das Tauziehen äußerte so mancher Kollege Orbans. Lettlands Premier Krisjanis Karins wies darauf hin, dass sich die Gipfelteilnehmer in Details verlieren: Es werde über Geld debattiert, während die Ukrainer mit ihrem Leben bezahlen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj selbst, der per Video zu dem Spitzentreffen zugeschaltet wurde, drängte die EU-Politiker ebenfalls zum Handeln.

Sein Land kann zumindest mit weiterer Finanzhilfe rechnen. Neun Milliarden Euro an Krediten stellt die EU in Aussicht, ebenso die Einrichtung eines Wiederaufbaufonds. Wie dieser zu befüllen wäre, ist freilich noch offen.

Die Debatten machen jedenfalls deutlich, dass die Einigkeit, die die EU nach der russischen Invasion in die Ukraine rasch an den Tag gelegt hat, zu bröckeln beginnt. Daher werden schon Warnungen laut, dass die Risse in der Gemeinschaft dem Kreml in die Hände spielen. Das würde auch für einen verwässerten Sanktionsplan gelten. Die international hohen Energiepreise bescheren Moskau bereits jetzt satte Einnahmen. (czar/reu)