Reduzierung der Gerichtstage und mehr Rechtsbildung an Schulen. | Wien. Ein- und Ausblicke ins oberste Justizgeschehen gab Anton Sumerauer, seit Jänner 2008 Präsident des Oberlandesgerichtes (OLG) Wien, am Donnerstag vor Juristen. Die Arbeit sei alles andere als eine reine Schreibtischarbeit, sagte der gebürtige Weinviertler - das Wiener OLG ist in Strafsachen letztinstanzliche Berufungsbehörde für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Und manchmal fehle auch "ein Schwimmreifen im Wasser draußen", etwa bei Uneinigkeiten mit dem Justizministerium, bei fehlenden Richterposten oder Reformen.
Eine solche Reform trat etwa zu Jahresbeginn in der Strafprozessordnung in Kraft. Der OLG-Präsident bedauert, dass dadurch große Kompetenzen von den Gerichten auf die Staatsanwaltschaft verlagert wurden. Während letztere vom Justizministerium dafür eine Personalaufstockung bewilligt erhielten, wurden den Gerichten 29 Richterplanstellen gekürzt. Ebenfalls nicht glücklich zeigt sich Sumerauer über die Ausweitung des Opferschutzes: "In einem Verfahren mit mehreren hundert Geschädigten kann nun jedes Opfer einen Anwalt schicken und Einspruch erheben." Damit sei ein zeitlicher Aufwand verknüpft, der mit dem derzeitigen Personalstand kaum bewältigbar sei.
Burn-Out-Symptome
Sorgen bereitet dem Chef von rund 900 Richtern und 360 Rechtspflegern zudem der Anstieg der Krankenstände in den eigenen Reihen, der verstärkt auf psychischen und Burn-Out-Erkrankungen basiert.
In den ersten acht Monaten seiner Amtszeit hat es laut Sumerauer vor allem Fortschritte beim Aufarbeiten von Schreibrückständen gegeben. Auch die neu eingeführten Beschwerdestellen für Bürger an den Gerichten hätten sich bewährt.
Für die Zukunft strebt der OLG-Präsident an, die Gerichtstage zu kürzen: "Die Beratung in bereits aufgelassenen Gerichten wird oft nicht genützt." Und auch das Bildungssystem ist dem Richter ein Anliegen: "Jugendliche haben kaum Ahnung von der Justiz"." Eine Info-Kampagne soll Rechtskunde verstärkt in die Schulen bringen.