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Olgun will die Wogen glätten

Von Werner Reisinger

Politik

Nach dem Streit in der Islamischen Glaubensgemeinschaft tritt der Präsident die Flucht nach vorne an.


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Wien. Wenn in einer Organisation interne Kämpfe und Spannungen die eigentliche Arbeit zu überschatten drohen, ist es eine bewährte Strategie, in die Offensive zu gehen. Ibrahim Olgun, der Nachfolger von Fuat Sanac als Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), macht nun genau das. Erst vor zwei Wochen zog das Bundeskanzleramt einen Schlussstrich unter die seit seiner Wahl zum IGGiÖ-Chef Mitte Juni schwelenden Kampf um die Rechtmäßigkeit seiner Präsidentschaft. Die Wahlanfechtung einer "multikulturellen" Plattform, der mehrere arabische, aber auch türkische Glaubensverbände angehören, wurde zurückgewiesen. Olgun ist somit rechtskräftig im Amt.

Ibrahim Olgun gilt als Mann der Atib, dem größten Moschee- und Kulturverband in Österreich, der direkt der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara unterstellt ist. Seine Kritiker sehen ihn nicht nur wegen einer irregulär abgelaufenen Wahl zu Unrecht im Amt, sie befürchten auch, dass die IGGiÖ unter seiner Präsidentschaft immer stärker unter den Einfluss von Atib und damit der Türkei geraten könnte. Man bewege sich immer weiter weg von einem Islam österreichischer Prägung, den zu etablieren aber allseits, auch von der IGGiÖ, als Ziel ausgerufen wird, so der Vorwurf der Wahlanfechter.

Besserer interner Austausch

Ende Juli eskalierte in der IGGiÖ ein Streit um die Postenbesetzung des Lehrgangs für Islamische Religionspädagogik (IRPA) an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (die "Wiener Zeitung" berichtete). IGGiÖ-Vizepräsident Abdi Tasdögen warf Olgun in einem internen Mail vor, dieser hätte auf Anweisung des türkischen Botschaftsrats für religiöse Angelegenheiten einen bereist gefassten Beschluss über die zu bestellenden IRPA-Professoren revidieren wollen. "Der türkische Botschaftsrat gibt Anweisungen, und er (Olgun, Anm.) führt diese durch", schrieb Tasdögen.

Mit der Präsentation eines ambitionierten Programms war Olgun am Montag bemüht, die Aufmerksamkeit von den internen Streitigkeiten zu lenken. Bei der Bestellung von Religionslehrern wolle er künftig sensibler vorgehen, zum Streit mit seinem Vizepräsidenten sagte der IGGiÖ-Chef, er begrüße andere Meinungen, er wolle jedoch keinesfalls, dass interne Diskussionen nach außen dringen, sagte Olgun. Die Gesprächsbasis mit Tasdögen aber würde sich "langsam verbessern".

Ein wichtiger Punkt bei Olguns Vorhaben ist dementsprechend auch der innermuslimische Austausch. Der Kontakt zwischen den verschiedenen in der IGGiÖ vertretenen ethnischen Gruppen und Organisationen soll verbessert werden, "neue Fragen" sollen zugelassen werden, "weltoffen" soll ein "authentischer Islam in zeitgemäßer Auslegung" gelebt werden. Mit den staatlichen Einrichtungen und Ministerien wie auch mit anderen Religionen soll die Kooperation verstärkt werden, vor allem hinsichtlich der Präventionsarbeit gegen Extremismus und bei der Integrationsarbeit mit Flüchtlingen.

In der von Integrationsminister Sebastian Kurz befeuerten Debatte um Vollverschleierung sieht Olgun keinen Handlungsbedarf. Vollverschleierung sei hierzulande eine "Randerscheinung", angesichts der Touristen aus Saudi-Arabien wäre ein Verbot vor allem ein wirtschaftlicher Schaden, pflichtete Mouddar Khouja, stellvertretender IGGiÖ-Generalsekretär, bei.

Staat soll unterstützen

Konfrontiert mit den Äußerungen von Kardinal Christoph Schönborn, wonach sich viele Muslime eine Eroberung Europas wünschen würden, sagte Olgun, es sei "schade, dass ein Religionsvertreter so etwas sagt". Muslime in Österreich wollten nur ihre Religion frei leben, "ein anderes Ziel haben wir nicht".

Zum Thema Auslandsfinanzierung von Imamen meinte der IGGiÖ-Präsident, diese würden nun über Mitgliedsbeiträge bezahlt, einige Atib-Imame seien auch bereits zurückgeschickt worden. Muslimische Seelsorger sollen künftig auch in großen Spitälern Dienst tun sowie in Gefängnissen bei der Resozialisierung helfen - dafür möchte Olgun von der Republik finanzielle Unterstützung, schließlich gelte es vor allem im Gefängnis Radikalisierung vorzubeugen. Auch eine eigene Einrichtung zur Flüchtlingsbetreuung soll laut Olgun realisiert werden.

IGGiÖ-Sprecherin Carla Amina Baghajati soll künftig verstärkt Frauenangelegenheiten behandeln. Für Frauen soll es eigene Räumlichkeiten geben, dem Bild der muslimischen Frau als Opfer gelte es, selbstbewusste und offen gegen patriarchale Strukturen auftretende Muslima entgegenzustellen.