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Oligopol made in USA: Drei Agenturen richten weltweit über Groß-Schuldner

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Drei global tätige Ratingagenturen heben und senken den Daumen über Staaten und Unternehmen - immer mehr Experten stellen sich die Frage, mit welcher Berechtigung. | Die Bonitätsbewertungen sollten zu mehr Transparenz über Risiken beitragen. Allerdings stellen nicht die Agenturen dem Markt Informationen zur Verfügung, sondern umgekehrt, kritisierte der französische EZB-Rat Christian Noyer jüngst im Interview mit "Le Monde": Somit würden Ratings keine Krisen verhindern, sondern verstärken.


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Standard&Poors (S&P), Moodys und Fitch Ratings teilen sich den Markt großteils auf. Alle drei gelten als US-amerikanisch - diese Definition ist aber nur aufgrund der Historie und der Firmensitze korrekt: Fitch hat nämlich französische Mehrheitseigentümer.

Die USA haben aber viel zum Oligopol beigetragen. Seit 1975 verleiht die US-Börsenaufsicht SEC ausgewählten Agenturen einen Sonderstatus als "anerkannte nationale Rating-Organisationen". Dieses Siegel wurde rasch zu einer Art Industriestandard. Die Behörde habe so die Monopolbildung befördert, monieren Kritiker.

Von anfangs sieben Agenturen, die sich auf diesen Status berufen konnten, blieben nach Fusionen in den 1990er Jahren nur diese drei übrig. Erst 2003 reagierte die SEC auf die Kritik und verlieh das Urteil "glaubwürdig und zuverlässig" unter anderem der kanadischen Dominion Bond Rating, A.M. Best und zwei japanischen Agenturen. Jetzt wollen die US-Aufseher den Wettbewerb weiter anfachen.

Keine rasche Änderung

Die Marktverhältnisse wird das so rasch nicht ändern: Die größte Agentur ist S&P, die heuer 150-Jahr-Jubiläum feiert: 1860 veröffentlichte Henry Varnum Poor erstmals ein Standardwerk über Investments bei Eisenbahnen. Seit 1966 gehört S&P zum Verlagshaus McGraw-Hill - mit Büros in 23 Ländern wurde 2009 ein Umsatz von 2,6 Milliarden US-Dollar erzielt.

Die börsenotierte Agentur Moodys ist in 26 Ländern vertreten und erreichte 2009 mit 4000 Mitarbeitern 1,8 Milliarden Dollar Umsatz. Größter Einzelaktionär ist Warren Buffetts Investmentholding Berkshire Hathaway.

Die kleinste Agentur im Rating-Trio ist Fitch Ratings, gegründet von John Knowles Fitch 1913 in New York. Fitch gilt allgemein als "Zünglein an der Waage", wenn die großen Zwei unterschiedliche Urteile liefern. Fitch hat Zentralen in New York und London sowie 50 Büros weltweit. Die Gruppe gehört zu 60 Prozent dem französischen Finanzdienstleister Fimalac und mit einem Minderheitsanteil der US-Mediengruppe Hearst.