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Ölkonzerne setzen auf alternative Energien

Von Katharina Becker

Wissen

"Gibt es eine bessere Energie als die Sonne?" oder "Wer uns heute das Öl liefert, sollte sich so schnell wie möglich um alternative Energien kümmern." Nein, das sind keine Werbesprüche der Umweltschutzorganisation Greenpeace, sondern des Mineralölkonzerns BP. Derweil kündigt Konkurrent Shell stolz an, im August mit dem Bau des weltgrößten Solarkraftwerks in Bayern zu beginnen. Einige Ölmultis setzen auf alternative Energien. Darin - und nicht im irgendwann erschöpften Schwarzen Gold - sehen sie ihre Zukunft.


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"Wir sind ein Energiekonzern, kein Ölunternehmen", betont Shell-Sprecher Rainer Winzenried. "Die fossilen Energien sind nur begrenzt verfügbar. Daher und aus klimapolitischen Gründen müssen wir andere Energien finden." Nach eigenen Schätzungen geht der Hamburger Konzern davon aus, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Jahre 2050 auf ein Drittel wachsen wird.

BP investiert bereits seit Anfang der 80er Jahre in Solarenergie und hat es mittlerweile in Deutschland mit einem Marktanteil von 20 Prozent zur Nummer eins geschafft. Weltweit baut BP nach eigenen Angaben 17 Prozent aller Solaranlagen. Shell ist international ebenfalls gut im Geschäft. Allerdings ist die Solartechnik noch immer zu teuer für den Massenmarkt. "Die Branche wird nur dann ernst genommen, wenn die Großen mitspielen", sagte einst Wilhelm Bonse-Geuking, früherer Deutschland-Chef von BP.

So uneigennützig wie das klingt, ist es natürlich nicht. In vielen sonnenreichen Regionen, die bislang überhaupt keine Energieversorgung haben, habe allenfalls die Solarenergie eine Chance, sagt Wolfgang Pfaffenberger, Leiter des Energie Instituts an der International University Bremen. "Das ist ein Markt für die Unternehmen." Klaus Matthies vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv ergänzt: "Irgendwann ist das herkömmliche Öl alle." Laut Statistik wird dies in 40 bis 47 Jahren sein. "Dann müssen wir also ohnehin umsteuern. Und einige Unternehmen besetzen schon jetzt die lukrativen Bereiche", sagt Matthies. "Das nennt man vorausschauende Geschäftspolitik."

Doch wie die Energieversorgung der Zukunft aussehen wird, ist unklar. "Der Mix an alternativen Energien ist noch in der Entwicklung", sagt Shell-Sprecher Winzenried. So werde die Solartechnik in 30 Jahren sicher ganz anders aussehen als heute. "Die schweren Panele sind dann museumsreif, der Trend geht zur Dünnschichttechnologie." In der Zukunft werden damit aus einfachen Dachziegeln Solaranlagen. Shell setzt jedoch nicht alles auf die Solarkarte. "Keiner kann sagen, wann sich was durchsetzt", sagt der Shell-Sprecher. Also machen die Hamburger ein bisschen in Solar, etwas in Wind, experimentieren mit Biomasse und denken über Wasserstoff nach. Wenn sich eine Entwicklung durchsetzt, wollen sie natürlich "ganz vorne dabei sein, um nicht abgehängt zu werden", sagt Winzenried. So ganz nebenbei macht der ganze Wirbel um saubere Energie auch ein gutes Image.

Das schert ExxonMobil nicht. Der Ölkonzern braucht kein weiteres Standbein, schließlich hält er nach eigenen Angaben das viel beschworene Ende des Ölzeitalters für ein "weit verbreitetes Missverständnis". Angesichts des weltweit explodierenden Energiebedarfs bleibt aber auch Esso nicht untätig und versucht vor allem, Energie effizienter herzustellen. Der Konzern setzt etwa auf die Kombination von Wärme und Strom in so genannten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen oder fängt bei der Stromerzeugung den Dampf auf und nutzt ihn weiter, statt ihn einfach nur abzulassen. Die Umweltschützer wie Greenpeace kritisieren dennoch weiter Exxons Haltung zum Klimaschutz.

"Es gibt bei den Ölkonzernen zwei Denkrichtungen", sagt Pfaffenberger. "Die einen, die sagen, wir müssen nur mehr Ressourcen anzapfen und die anderen, die dafür plädieren, dass wir mit unseren begrenzten Möglichkeiten anders umgehen." Für die Verweigerer alternativer Energien könnte es nach seiner Ansicht jedoch angesichts etwa des Emissionshandels zunehmend schwierig werden. AFP