Auf 57,58 US-Dollar kletterte gestern an der Londoner Warenterminbörse der Kontrakt für ein Barrel Öl der führenden Nordseesorte Brent und verteuerte sich damit seit Jahresbeginn um mehr als 40%. US-Leichtöl kostete mit 58,15 USD 88 Cent mehr, im September zu lieferndes US-Leichtöl stieg auf ein Allzeit-Hoch von mehr als 60 USD. Am Donnerstag hatte die Bank Goldman Sachs eine Studie veröffentlicht, in der von einem möglichen Ölpreis von bis zu 105 USD pro Barrel (159 Liter) die Rede ist. Außerdem ist seit Freitag nach einem Stromausfall eine große Raffinerie in Venezuela eine Woche lang geschlossen. Die OPEC überlegt, ihre Fördermenge zu erhöhen.
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OPEC-Präsident Scheich Ahmad al-Fahd al-Sabah sagte in Kuwait, die Erdöl-Minister berieten in Telefonkonsultationen über eine mögliche Anhebung. Vor einer Entscheidung wollen die Minister zwei Wochen lang die Preise beobachten. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) hatte Mitte März ihre Quote um 500.000 auf 27,5 Mio. Barrel pro Tag erhöht und einen weiteren Aufschlag in dieser Größenordnung in Aussicht gestellt, sollten die Ölpreise steigen. Normalerweise würde in Folge des größeren Angebots der Preis wieder sinken. Doch dieser Effekt ist zuletzt nicht eingetreten: Die Nachfrage ist sehr hoch.
Die EU-Kommission nimmt für ihre Frühjahrsprognose (siehe Seite 9) einen höheren Preis als im Oktober an: Statt einem durchschnittlichen Preis von 45,10 USD für 2005 geht sie nun von 50,90 aus.
Bald teureres Benzin?
"Bei so einem Rohölpreis ist es klar, dass die Preise für Produkte auch steigen", sagte ein Exxon-Sprecher. Christoph Capek, Geschäftsführer des Fachverbandes Mineralölindustrie Österreich, sieht das ähnlich: "Wenn der Preis die nächsten Tage weiterhin bei 57,58 USD bleibt, dann wird es gewisse Korrekturen des Benzinpreises nach oben geben", erklärte er gegenüber der "Wiener Zeitung". In welcher Höhe sich diese "gewissen Korrekturen" abspielen werden, könne er nicht sagen. Jede kleinste Verunsicherung wirke sich auf den Markt aus.
In einer Studie hat die Internationale Energieagentur die Wirkungen verkehrspolitischer Maßnahmen auf den Ölverbrauch untersucht. Berichte, denen zufolge die IEA ihren 26 Mitgliedstaaten ein Eilprogramm zur Senkung des Ölverbrauchs empfehle, seien falsch, sagte Klaus Jacobi, IEA-Experte für Notfallplanung, gestern der dpa in Paris.
Die "Financial Times" hatte berichtet, die IEA schlage für den Notfall u.a. autofreie Tage und verkürzte Arbeitswochen vor - ein Missverständnis, erklärte Jacobi. In einem IEA-Seminar wurde anhand der Studie "Saving oil in a hurry" ("Schnell Öl sparen") über Wirkungen der Verkehrspolitik debattiert. Die Studie soll Anfang Mai im IEA-Ministerrat vorgestellt werden. Sie zeigt laut Jacobi, welchen Einfluss Eingriffe in den Straßenverkehr auf den Rohölverbrauch haben.