Gestern sind die Ölpreise auf neue Rekordwerte gestiegen: Der Preis für leichtes Rohöl hat in New York erstmals die 53-US-Dollar-Marke erreicht. Der Preis für ein Barrel (rund 159 Liter) der Nordseesorte Brent stieg in London zum gleichen Zeitpunkt erstmals auf über 49 Dollar, mehr als 1 Dollar über dem Vortagesschluss. Diese Werte sind die höchsten seit Beginn des Handels an den Märkten in London 1980 und New York 1983.
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Die Mischung macht's, die den Ölpreis hinauftreibt: "Es gibt viel zu viele Ängste, die Nachfrage ist vor allem in Asien sehr stark, die Lagerbestände von Heizöl zu niedrig", erklärt Ehsan Ul-Haq, Leiter der Research-Abteilung der PVM-Öl-Handelsgruppe, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Im vergangenen Jahr nahmen die Autokäufe in Asien zu, doch die Bevölkerung spürte die Ölteuerungen kaum: Öl wird in vielen asiatischen Staaten subventioniert, erst am Mittwoch hatte Indiens Ölminister erklärt, es sei Pflicht, den Menschen zu helfen. "Yukos schürt Ängste, obwohl die Produktion bis jetzt nicht beeinträchtigt worden ist", nennt Ul-Haq einen weiteren Grund für den Ölpreisanstieg. Auch die Terroranschläge im Irak verunsichern die Marktteilnehmer. Weniger Einfluss hatten die Wirbelstürme: Aufgrund der Wirbelstürme können am Golf von Mexiko 400.000 Barrel pro Tag noch nicht gefördert werden - eine vergleichsweise geringe Menge, wird die weltweite Nachfrage für das laufende Quartal doch mit 84 Mio. Barrel pro Tag vorausgesagt. Mexiko ist aber ein weiteres Mosaiksteinchen.
Teurer Winter
"Die Menschen haben lange gewartet, dass die Preise hinuntergehen. Sie gingen aber nicht hinunter. Wenn jetzt verstärkt für den Winter eingekauft wird, weil man nicht mehr warten kann, werden die Preise weiter steigen", stellt Ul-Haq fest. Die Ankündigung Saudiarabiens, mehr Öl zu fördern, nützt nur bedingt, sagt Ul-Haq: "Saudiarabien schickt schweres Öl, das kann aber nur für Treibstoff für Tanker, die Zementindustrie oder auch für die Elektrizität verwendet werden."
Teureres Autofahren
Seit gestern kostet tanken wieder mehr. "Es war nicht anders möglich", sagte Thomas Huemer, OMV-Pressesprecher. Die Benzinpreise wurden um 1 Cent je Liter, Diesel und Ofenheizöl um 2 Cent je Liter angehoben. Laut "Kurier" erhöhten Shell und BP am Nachmittag ihre Höchstpreise an Selbstbedienungstankstellen: Benzin um 2 Cent, Diesel um 3 Cent .
Teure Flüge
Am Mittwoch kündigte die deutsche Lufthansa an, ihre Kerosinzuschläge zu erhöhen. Gestern zog die Austrian Airlines-Gruppe nach. Mit Wirkung von 15. Oktober steigt der Zuschlag für Langstreckenflüge von bisher 9 auf 17 Euro je Strecke bzw. für Australienflüge von 12 auf 22 Euro. Die Zuschläge für die Kurz- und Mittelstreckenflüge werden von 6 auf 7 Euro angehoben. Im Mai führte die AUA zum ersten Mal eine "Anpassung" auf allen Strecken, im August eine weitere auf der Langstrecke durch. Treibstoffkosten machen 10 bis 11% der AUA-Gesamtkosten aus.
Auch Billigfluggesellschaften könnten ihre Preise anheben. "Bei den Billigfliegern sind die Kerosinkosten anteilig sogar höher an den Gesamtkosten als bei den traditionellen Fluggesellschaften", sagte Georg Jegminat, Ressortleiter Verkehr des Hamburger Reisefachblatts FVW. Offiziell lehnten u.a. Ryanair und Easyjet Kerosinzuschläge ab, Jegminat geht aber davon aus, dass sie indirekt die Preise erhöhen werden. Billigkontingente könnten zu Gunsten teurerer Plätze verkleinert werden.
Teurere Öffis
Die ÖBB erhöhen per 1. November 2004 die Tarife für Zeitkarten im Osten Österreichs. Investitionen in die Erneuerung der Bahn- und Busflotte würden teurer und die Energiekosten "höher und weiter steigend", hieß es. Im Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) und im Verkehrsverbund Niederösterreich/Burgenland (VVNB) werden nach einem entsprechenden ÖBB-Tarifantrag die Wochen-, Monats- und Jahreskarten um 4 bis 8% bzw. durchschnittlich 5,3% teurer. Für Kunden der regionalen VOR-Autobuslinien wird es um durchschnittlich 2,9% teurer. Einzelfahrkarten und Fahrkarten der Wiener Linien seien nicht betroffen. Bei Jahreskarten gilt die Verteuerung für Karten, die mit oder nach dem 1. November zu laufen beginnen. Wer sich vor dem Stichtag noch eine Jahreskarte zulegt, bezahlt für die Zwölf-Monate-Gültigkeitsdauer noch den alten Tarif - selbst wenn er den Preis in Monatsraten begleicht.
Erholung in Sicht?
"Ich glaube, die Preise werden in den kommenden Monaten zumindest auf dem jetzigen Niveau bleiben", meint Ul-Haq.
Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) rechnet mit einer Besserung der Lage nach dem ersten Quartal 2004 - sofern der Winter weniger kalt wird, als erwartet.