Kinderbetreuung ist nur absetzbar, wenn die Person nicht im Haushalt lebt.
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Wien. Die Erleichterung war im Jahr 2009 bei vielen Familien groß: Ein Erlass des Finanzministeriums (BMF) kündigte finanzielle Entlastung an. Kosten, die bei der Kinderbetreuung anfallen, sind seitdem steuerlich absetzbar. Für Verwirrung sorgte allerdings kürzlich ein Urteil des Unabhängigen Finanzsenats (UFS), das der gängigen Praxis widersprach: Der Finanzsenat hinterfragte in dieser Entscheidung den Begriff der "pädagogisch qualifizierten Person" grundlegend und stellte fest, dass nicht jede Kinderbetreuung steuerlich abzugsfähig sein kann. Die vorgeschriebenen 8 bis 16 Ausbildungsstunden genügen nicht, um jemanden als "pädagogisch qualifiziert" bezeichnen zu können, so der UFS.
Begriffswirrwarr: Wann ist die Betreuung abzugsfähig?
Sowohl das Finanz- als auch das Familienministerium beruhigten verwirrte Gemüter allerdings wieder: An der Rechtslage soll sich momentan nichts ändern, alles soll so bleiben wie bisher. Als pädagogisch qualifiziert gelte demnach jeder, der die erforderlichen 8 bis 16 Ausbildungsstunden absolviert habe. Das gelte auch für nahe Angehörige. An die Einzelentscheidung des UFS sei das Finanzministerium im Übrigen nicht gebunden.
Die Voraussetzungen für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten bleiben folglich unberührt: Kinderbetreuungskosten können nach wie vor als außergewöhnliche Belastung bis zu einem Betrag von 2300 Euro pro Jahr und Kind geltend gemacht werden. Das betreute Kind darf zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Anspruch auf diesen Freibetrag haben Eltern, die Lohn- beziehungsweise Einkommensteuer zahlen. Berücksichtigt werden die Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung beziehungsweise Einkommensteuererklärung.
Ist die pädagogisch qualifizierte Person ein naher Angehöriger, darf diese nicht im selben Haushalt - also in derselben Wohnung - wie das Kind leben. Die Prüfung ist hier relativ streng, der Gesetzgeber geht davon aus, dass keine Geldleistungen an nahe Angehörige erbracht werden, wenn sie im Haushalt der Kindeseltern oder des Kindes wohnen.
"Pädagogisch qualifiziert" - Gütesiegel oder Richtwert?
Einigkeit bestand schon bisher darüber, dass das Kind von einer öffentlichen oder einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder von einer pädagogisch qualifizierten Person betreut werden muss, um diese Kinderbetreuungskosten steuerlich absetzen zu können.
Um als pädagogisch qualifiziert eingestuft zu werden, genügt laut Erlass des BMF eine Ausbildung und Weiterbildung zur Kinderbetreuung und Kindererziehung oder Elternbildung im Mindestausmaß von 8 Stunden. Die Betreuungsperson muss das 16. Lebensjahr vollendet haben. Vom vollendeten 16. Lebensjahr bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ist der Nachweis einer Ausbildung und Weiterbildung zur Kinderbetreuung und Erziehung oder Elternbildung im Mindestausmaß von 16 Stunden notwendig. Eben diese Anforderungen kritisierte der UFS als unzureichend. Diesem zufolge können Personen nur dann als pädagogisch qualifiziert gelten, wenn das "formale Ausbildungsniveau annähernd an jenes der verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in institutionellen, öffentlichen oder privaten Kinderbetreuungseinrichtungen herankommt". Es liege auf der Hand, so der UFS in seinem Urteil, dass eine 8- oder 16-stündige "Ausbildung" in einem Kurs nicht mit einer 5-jährigen Berufsausbildung verglichen werden könne; Ausbildungen in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen erfolgen nämlich nach erprobten wissenschaftlichen Methoden. Obgleich Omas und sonstige nahe Angehörige in der Regel mit ihrer jahrelangen Praxiserfahrung punkten könnten, sollen sie nach Ansicht des Finanzsenates als Betreuungspersonen weder mit noch ohne 8-Stunden-Kurs besonders pädagogisch qualifiziert sein.
Für das Finanzministerium ist dieses Stundenausmaß jedoch ein ausreichender Richtwert. Die 8 bis 16 Stunden dienen zur Orientierung, so das BMF. Eine genauere Prüfung der tatsächlichen Qualifikation betreuender Personen könne nicht Aufgabe des BMF sein.
Genaue Aufzeichnungen sind auf jeden Fall ratsam
Damit Kinderbetreuung tatsächlich zur Steuerentlastung führt, ist es laut Finanzministerium und UFS ratsam, genaue Aufzeichnungen während und über die Betreuung zu führen. Neben dem bezahlten Rechnungsbetrag sind unter anderem Name und Adresse des Rechnungsempfängers, die Versicherungsnummer des Kindes sowie die Dauer des Betreuungsverhältnisses anzugeben.
Die mangelnde Qualifikation der Oma und der Tante waren im Urteil des UFS nämlich nicht allein ausschlaggebend für den Senat, die steuerliche Absetzbarkeit der Betreuungskosten in gegenständlichem Fall zu verneinen. Die tatsächlichen Vereinbarungen zwischen den Angehörigen entsprachen laut Finanzsenat nicht jenen steuerlichen Erfordernissen, die an Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzulegen sind. Verträge zwischen nahen Angehörigen können nämlich nur dann allgemein Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend klar zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und unter Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
In diesen Punkten sind sich BMF und UFS im Übrigen einig. Mit diesen strengen Kriterien soll verhindert werden, dass durch beliebige Gestaltung unter nahen Verwandten steuerliche Begünstigungen ausgelöst werden, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind, vermeintlich geleistetes Betreuungsgeld etwa nie gezahlt wurde.
"In einer Betreuungsvereinbarung muss eine deutliche Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile erfolgen, insbesondere muss klar sein, was, wann, an wen geleistet werden soll bzw. geleistet wurde. Es muss bewiesen werden können, dass der Betreuungsvertrag abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt worden ist", sagt Experte Rudolf Wanke vom UFS. Ebenso wichtig sei überdies das Erfordernis - so Wanke -, den Vertrag nach außen in Erscheinung treten zu lassen. Etwa indem die Sozialversicherung davon erfährt, wenn ich einen nahen Angehörigen als Dienstnehmer anmelde; oder das Finanzamt. In gegenständlichem Fall beispielsweise wäre von Oma und Tante die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Form von Betreuungsleistungen beim zuständigen Finanzamt anzuzeigen gewesen, so Wanke.
Kosten für Kinderbetreuung führen also nicht automatisch zur Steuerentlastung. Verschiedene Voraussetzungen müssen erfüllt werden und zwar durch aktives Zutun. Um das Steuer-Zuckerl genießen zu können, sind einige Schreibübungen und bürokratische Hürdenläufe erforderlich. In jedem Fall empfiehlt es sich, genaue Aufzeichnungen zu führen. Bei nahen Angehörigen ist besondere Vorsicht geboten - damit sich auch Omas für das steuerfreie Spiel mit ihren Enkeln qualifizieren können.