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"Omas Schoko-Laden ist Leidenschaft"

Von Arian Faal

Wirtschaft

Ein Schokoladengeschäftbesitzer über die Krise in der Branche, die Registrierkassenpflicht und den Unmut der Unternehmer.


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Wien. Die Süßwarenbranche in Wien runzelt die Stirn: ein bisher schwaches Umsatzjahr, hohe Rohstoffpreise und die Registrierkassenpflicht bringen Schokoladengeschäftbesitzer in Bedrängnis. Einer von ihnen, Gerald Kontriner, erklärt in Interview, warum sich die Branche von den Behörden und der Politik in Stich gelassen fühlt.

"Wiener Zeitung": Herr Kontriner, viele Einzelhändler in der Süßwarenbranche jammern über ein sehr schlechtes Geschäft heuer. War der Konkurrenzdruck durch die großen Ketten zu groß?

Gerald Kontriner: Ich führe das nicht auf den Druck wegen der Ketten zurück, sondern darauf, dass der Markt kleiner geworden ist. Früher gab es 1000 Schokolade- und Süßwarengeschäfte in Wien. Jetzt sind es ein paar Dutzend. Es kann kein Importeur mehr vom Fachhandel allein leben. Nehmen Sie als Beispiel einen der renommiertesten Lieferanten, die Firma Hofbauer. Die haben heuer zum ersten Mal die Osterware eingestellt.

Warum?

Hofbauer hat jetzt einen tschechischen Geschäftsführer und der ist der Meinung, dass es sich in Österreich nicht rentiert. Er sieht nur die Zahlen und nicht die Tradition. Das ist alles auf die Globalisierung zurückzuführen.

Haben nicht die Registrierkassenpflicht seit 1. Jänner, die hohen Rohstoffpreise und die extrem kurze Ostersaison die Situation in der Schokoladenbranche für die Einzelhändler zusätzlich verschärft?

Ja, das stimmt. Die Kakaopreise werden auch weiterhin sukzessive ansteigen, denn es gibt eine Rohstoffknappheit. Das Problem ist, dass die veralteten Plantagen nicht mehr die Ertragskraft haben und es dauert Jahre, bis ein neuer Kakaobaum wieder neue Früchte trägt.

Nochmals zur Registrierkassenpflicht. Was hat sie bewirkt?

Die Bedingungen für Unternehmer haben sich verschlechtert. Das führt dazu, dass wir, also der Mittelstand, der durch die kleinen Unternehmer repräsentiert wird, weiter geschwächt werden. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Das Ganze ist ein Witz. Ich war voriges Jahr auf einer Messe und mir wurde gesagt, dass ich die Kassa, die alle Sicherheitselemente hat, die seit dem 1. Jänner Pflicht sind, erst ab Juli 16 bestellen kann. Das heißt ich muss meine Kassa in zwei Schritten aufrüsten. Erst muss man die Registrierkasse anschaffen und dann in einem weiteren Schritt die Sicherheitselemente nachrüsten. Ich verstehe ehrlich nicht, warum man nicht fähig war, das Ganze auf einmal zu machen.

Es gibt doch aber Übergangsfristen...

Die sind viel zu kurz. Die ganze Angelegenheit wurde unprofessionell abgewickelt und jene Unternehmer, die noch nie mit einer Registrierkasse gearbeitet haben, werden ihr Wunder erleben.

Sie haben ja mehrere Betriebe in Wien. Was hat die Einführung konkret für Sie für Veränderungen gebracht?

Wir haben als Konsequenz das Service beim Eisgeschäft eingestellt, weil sich mobile Geräte nicht rentieren. Die Kunden müssen nun an der Vitrine bestellen, damit wir den Rechnungslegungsvorschriften technisch nachkommen können. Die Kunden wollen das auch nicht und sehen das alles als Papierverschwendung. Im Endeffekt tragen die Konsumenten auch die Preiserhöhungen für den vermehrten Aufwand.

Was meinen Sie konkret mit "vermehrtem Aufwand"?

Als Einzelhändler wird man heutzutage ständig mit strengeren Auflagen konfrontiert. Nehmen wir als Beispiel die Eichung meiner Waagen. Früher bin ich zum Eichamt gegangen, habe 20 Euro bezahlt und ließ meine Waage eichen. Wenn einmal etwas vergessen wurde, konnte der Beamte ein Auge zudrücken. Heutzutage gibt es keine Zusammenarbeit mehr zwischen den Behörden und dem Einzelhändler. Das Eichamt kontrolliert und straft nur noch. Die Eichung wird jetzt von einer externen Firma durchgeführt. Die verlangen 65 Euro fürs Kommen und 65 Euro für die Eichung. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer. Wenn etwas nicht passt, dann bezahlt man 240 Euro Strafe.

Das klingt nach einem gewissen Frust auf die Behörden...

Die Leute aus dem Mittelstand, also Stammklientel der SPÖ und der ÖVP, sind politikverdrossen. Die denken sich dann, ich bleib zu Hause bei der Wahl. Die, die protestieren wollen, gehen aber zur Wahl und dann kommt raus, was rausgekommen ist und was wir jetzt haben.

Zurück zu Omas Schoko-Laden, wie wir ihn aus unserer Kindheit kennen: Wird er bald vom Stadtbild verschwinden?

Das wird sicher nicht der Fall sein, denn Omas Schoko-Laden ist eine Leidenschaft und eine Herzensangelegenheit. Meine Engelecke ist solch ein Laden und er hat das Dritte Reich überlebt. Herr Engel war ein Jude und musste flüchten. 1952 bekam er sein zuvor arisiertes Geschäft dann zurück. Daher wird Omas Laden auch diese Zeiten überleben. Mein Appell an die Behörden ist nur, dass man eine Politik mit Verständnis macht. Denn der Einzelhandel ist Lebensqualität.

Letzte Frage: Fürchten Sie sich vor einem heißen Sommer, der ja für die Schokobranche ein Horror wäre?

Auch wenn die Umsätze zu Ostern rückläufig waren, so habe ich durch mein zweites Standbein, nämlich eine Eisproduktion, keine Sorgen vor einem heißen Sommer. Andere Kollegen fürchten sich aber davor.

Zur Person
Gerald Kontriner ist seit 1997 in der Schokobranche und führt drei Schokladengeschäfte und das Eisgeschäft Vidoni in Wien.