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OMV begünstigt Russlands Energiepläne

Von Reinhard Göweil

Politik

OMV und Gazprom dürften Vermögenswerte tauschen. Finanzminister verhandelt wegen OMV-Syndikatsvertrag mit Abu Dhabi.


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Wien. Die OMV wird am Freitag in St. Petersburg bekanntgeben, welche Firmen-Beteiligungen der russischen Gazprom angeboten werden. Im Gegenzug wird die OMV 24,98 Prozent am sibirischen Gasfeld der Achimov-Formation erhalten. Dieser Anteil wird von BASF/Wintershall, die dort bereits 25,01 Prozent hält, mit 780 Millionen Euro bewertet.

Experten halten es mittlerweile für wahrscheinlich, dass keine österreichischen OMV-Beteiligungen betroffen sind, sondern eher ausländische Förder-Aktivitäten, etwa in Norwegen und in Pakistan. Gazprom hat von BASF im Herbst 2015 ebenfalls die Nordsee-Förderung übernommen. Der Tausch der Deutschen mit dem russischen Staatskonzern gilt als Blaupause für die OMV. Deren nunmehriger Chef Rainer Seele war bis 2015 bei BASF tätig. Die Verbindung der OMV mit Gazprom sorgte in den vergangenen Monaten in Österreich für einigen Wirbel, es wurde eine Zerschlagung des heimischen Energiekonzerns befürchtet. Mit 31,5 Prozent ist die staatliche ÖBIB größter Einzelaktionär. 24,9 Prozent hält das Investmentvehikel von Abu Dhabi, Ipic. Beide Großaktionäre haben sich mittels Syndikatsvertrag aneinandergebunden, der heuer neu zu verhandeln ist.

Deswegen, und nicht nur wegen der neuen strategischen Ausrichtung der OMV in Richtung Russland, reist auch Finanzminister Hans Jörg Schelling mit nach St. Petersburg. Er wird sich dort mit dem Ölminister des Emirats treffen. "Dabei geht es sicher auch um die Fortführung der Partnerschaft", meinen Insider.

Die ominöse Liste jener Beteiligungen, die den Russen zum Tausch angeboten wird, soll OMV-Chef Rainer Seele bekanntgeben. Allerdings wird auch dies kein fixer Beschluss sein können, da die dafür notwendige Genehmigung des Aufsichtsrates noch nicht vorliegt.

Öl und Gas sind auchpolitische Instrumente

Sollten sich tatsächlich Nordsee-Aktivitäten und Pakistan darunter befinden, sind allerdings - so wird der "Wiener Zeitung" aus Diplomatenkreisen bestätigt - politische Probleme kaum zu vermeiden. Die (zwar teure) Nordsee-Förderung von Öl und Gas wird von der EU als eine wesentliche nicht-russische Energiequelle angesehen. Nachdem Gazprom bereits die BASF-Aktivitäten übernommen hat, würde mit der OMV der Einfluss Russlands dort weiter steigen. In der EU-Kommission wird dies skeptisch betrachtet.

Und in Pakistan würde Russland in ein von Nato-Ländern dominiertes Fördergebiet einsteigen, was in den USA - so ist zu hören - wenig Begeisterung auslöst.

Seele hat allerdings klargemacht, dass er die Kooperation mit Gazprom als "natürliche Partnerschaft" betrachtet. So reduzieren sich nicht nur die Förderkosten der OMV, sondern - angesichts der hohen Reserven in Russland - steigt auch die Versorgungssicherheit. Tatsächlich hat die OMV in den vergangenen Jahren eher über ihre Verhältnisse gelebt. In der Nordsee wurden nicht nur mehr als zwei Milliarden Euro investiert, sondern auch Folgekosten in Höhe von etwa sieben Milliarden Euro eingegangen.

Die niedrigen Energiepreise machten auch der OMV einen Strich durch die Rechnung. 2015 wurde nach immensen Abschreibungen ein Verlust von mehr als einer Milliarde ausgewiesen, der Umsatz brach um 37 Prozent auf knapp 23 Milliarden Euro ein. Trotzdem wird die OMV an Aktionäre und Anleihe-Besitzer 400 Millionen ausschütten.

Mit dem Gazprom-Deal, so das Kalkül Seeles, soll die Profitabilität der OMV nicht nur wiederhergestellt, sondern gesichert werden. Das Gasfeld in Sibirien soll ab 2019 bedeutende Mengen Erdgas fördern. Gleichzeitig hat sich die OMV an der geplanten Pipeline Nord Stream 2 mit zehn Prozent beteiligt, die von Russland nach Deutschland führt. Gazprom verspricht eine fixe Verzinsung. Wann deren Bau beginnt, steht in den Sternen, denn auch die ist in der EU höchst umstritten.

Zur Geschichte der OMV
Österreichs größtes Industrieunternehmen blickt mittlerweile auf eine 60-jährige Firmengeschichte zurück. Ihre Wurzeln hat die OMV in der von der russischen Besatzungsmacht kontrollierten "Sowjetischen Mineralölverwaltung", aus der 1956 die zu 100 Prozent im Besitz der Republik stehende "Österreichische Mineralölverwaltung Aktiengesellschaft" (ÖMV) hervorging. 1960 erfolgte die Inbetriebnahme der Raffinerie Schwechat. Neun Jahre später schloss die ÖMV den ersten Gasliefervertrag mit der damaligen UdSSR - von da an rissen die Geschäftsbeziehungen mit den Russen nicht mehr ab.

Ende 1987 brachte der Bund die ÖMV an die Börse, 15 Prozent des Unternehmens wurden privatisiert. 1989 beteiligte sich die ÖMV mit einem Viertel an dem dänischen Kunststoffkonzern Borealis. Ihre erste Tankstelle (mit blau-grünem Logo) eröffnete sie 1990 - in Wien-Auhof. 1994 bekam die ÖMV einen Großaktionär aus dem Emirat Abu Dhabi, den Staatsfonds Ipic, der zunächst mit knapp einem Fünftel einstieg. Im Jahr darauf änderte die ÖMV ihren Namen auf "OMV", da ein Ö in vielen Sprachen unüblich ist. 2000 kaufte sich der Konzern mit zehn Prozent beim ungarischen Mitbewerber MOL ein.

Zum Marktführer in Osteuropa avancierte die rund um den Erdball tätige OMV 2004 durch die Übernahme des rumänischen Öl- und Gaskonzerns Petrom. Im selben Jahr erfolgte eine große Kapitalerhöhung, bei der der österreichische Staat nicht mitzog, womit erstmals mehr als 50 Prozent der Aktien in privaten Händen waren. 2005 übernahm die OMV gemeinsam mit Ipic die Borealis-Gruppe zur Gänze. Im folgenden Jahr beteiligte sich die OMV am größten türkischen Tankstellenbetreiber Petrol Ofisi, den sie in weiterer Folge bis 2011 fast vollständig schluckte, nun aber wegen zu geringer Rentabilität wieder verkaufen will.

Im Mai 2006 ließ die OMV mit Plänen für eine Fusion mit dem teilstaatlichen Stromkonzern Verbund aufhorchen. Die Verschmelzung scheiterte jedoch am Widerstand der Politik.

2007 stockte die OMV bei MOL ihre Anteile auf gut 20 Prozent auf. 2008 folgte dann ein Übernahmeangebot, das die Ungarn aber als feindlich einstuften. Da Brüssel den Deal nur unter scharfen Auflagen gebilligt hätte, zog sich die OMV zurück und verkaufte ihre gesamten MOL-Anteile 2009 an den russischen Öl- und Gaskonzern Surgutneftegaz.

Die bisher größte Akquisition in der Geschichte der OMV war 2013 mit 2,65 Milliarden Dollar eine Beteiligung an mehreren Öl- und Gasfeldern in der Nordsee. Verkäufer der Anteile war der norwegische Energieriese Statoil. (kle)