Zwei neue Erdgasquellen nehmen die Produktion auf. | Neue Technik presst mehr Öl aus dem Boden. | Wien. Seit wenigen Wochen hat Österreich zwei neue, ergiebige Erdgasquellen. Es sind die beiden Erdgasfelder Strasshof und Ebenthal im Weinviertel östlich von Wien. "Ein beachtlicher Beitrag zur Versorgungssicherheit", so Helmut Langanger, in der OMV Chef für Exploration und Produktion. Österreich wird bis 2010 die Eigenversorgung bei Erdgas von 15 auf 20 Prozent steigern. "Andere Länder haben Sorgen wegen sinkender Förderung, bei uns geht es dank umfangreicher Investitionen in die andere Richtung", sagt Langanger.
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Besonders wichtig sind eigene Quellen bei weltweiter Knappheit und hohen Preisen. Rund eine Million Tonnen Öl pro Jahr kommt aus heimischen Quellen, das sind knapp 9 Prozent des Verbrauchs.
Krisen als Lehrmeister
In Niederösterreich fördert die OMV Öl und Gas, in Oberösterreich die RAG, die Rohöl-Aufsuchungs-Gesellschaft. Diese ist im Besitz des niederösterreichischen Energieversorgers EVN, der deutschen E.ON mit der Ruhrgas, ein kleiner Teil gehört der Salzburg AG. Eine halbe Milliarde Kubikmeter Erdgas pro Jahr (rund 8 Prozent des Verbrauchs in Österreich) sowie Speicherprojekte haben die RAG, die ursprünglich den Ölfirmen Shell und Mobil gehörte, für die österreichischen und deutschen Energieversorger attraktiv gemacht. Der Anteil der RAG an der Ölförderung ist vergleichsweise gering.
"Österreich ist reich an armen Lagerstätten": Ein Schlagwort aus vergangenen Ölkrisen, als heimische Ölfirmen mit großem Aufwand versuchten, neue Öl- und Gasvorkommen zu erschließen. Denn Österreichs Öllagerstätten hatten ihren natürlichen Produktions-Höhepunkt in den Fünfzigerjahren. Als die Ölquellen in Niederösterreich nach dem Abschluss des Staatsvertrages wieder aus sowjetischem in österreichischen Besitz übergingen, waren die besten Zeiten vorbei.
Spitze bei Bohrtechnik
Und so blieb der OMV oder der RAG nichts anderes übrig, als sich als Tiefbohrspezialisten zu profilieren, sich bei der Aufsuchung als Technologieträger ganz vorn zu positionieren. Neue Methoden pressen mehr Öl aus dem Boden, wenn der natürliche Druck in der Lagerstätte nachlässt; wenn also das Öl nicht mehr von selbst aus dem Boden sprudelt oder leicht herausgepumpt werden kann. Die Ölförderpumpen mit den nickenden "Pferdeköpfen" prägen auch die Landschaft des Weinviertels in Niederösterreich.
An sich geht die Förderung wegen allmählicher Erschöpfung der Lagerstätten zurück. Die OMV muss im Inland und im Ausland ein natürliches Minus von 6 Prozent pro Jahr ausgleichen und schafft das in Österreich mit Investitionen von rund 250 Millionen Euro pro Jahr.
In Österreich ist einer der Schwerpunkte das Ölfeld Matzen im östlichen Niederösterreich, das schon 1949 entdeckt wurde. Noch 1985 produzierte die Lagerstätte, die größte zusammenhängende in Mitteleuropa, noch 1000 Kubikmeter Öl und Gas pro Tag, 2005 waren es nur noch 600 Kubikmeter, jetzt zeigt die Kurve wieder nach oben. 70 Millionen Euro investiert die OMV in die Ertüchtigung der Lagerstätte, in zwei Jahren soll wieder das Produktionsniveau von 1980 erreicht sein.
Die technischen Methoden zur Ertüchtigung von Lagerstätten sind vielfältig: Zusätzliche Bohrungen können bis auf 10 Meter genau an die vorher geortete Lagerstätte herangebracht werden, vertikal ebenso wie horizontal in einem Umkreis von einem Kilometer. Dieses abgelenkte Bohren wird bei Spannberg im Weinviertel praktiziert. Bei der Bohrtiefe werden bereits 8000 Meter erreicht.
Lässt der Druck in der Lagerstätte nach, wird zunächst Wasser eingepumpt, das drückt das Öl nach oben. Das Öl wird herausgefiltert, das Wasser wird erneut in den Boden gepumpt.
Auch eingepresstes Gas erhöht den Druck in der Lagerstätte. Aber die Techniker haben zusätzlich noch einiges in der Trickkiste: Wenn Dampf eingepresst wird, wird die Lagerstätte erwärmt, das Öl wird dünnflüssiger und kommt so leichter an die Fördersonde im Boden. Oder: Chemikalien machen das Wasser in der Lagerstätte zähflüssig. So kann das Öl leichter abgetrennt und gewonnen werden.
Die Ölausbeute in Österreich soll so von rund 35 auf 45 Prozent gesteigert werden, der Rest muss im Boden bleiben. Ähnlich die Vorhaben bei der rumänischen OMV-Tochter Petrom. Die Ölvorräte werden so um Jahrzehnte gestreckt.
All das kostet Geld, aber bei einem Ölpreis von rund 100 Dollar je Barrel zahlt sich der Griff in die geologische und in die technische Trickkiste aus.
Trotz aller technischen Präzision bleibt ein beachtliches technisches und damit finanzielles Risiko. So wurden zum Beispiel im Jahr 2006 von 16 Aufschlussbohrungen der RAG drei gasfündig, eine wurde ölfündig, aber 12 sind trocken geblieben. Die OMV gibt ihre Trefferquote mit 50 bis 70 Prozent an.
Hohe Kosten in Libyen
Referenzprojekte sind das auch für das Auslandsgeschäft. In Libyen wurden kürzlich Konzessionen bis zum Jahr 2032 verlängert. Um mehr als ein Viertel soll mit dem Know-how der OMV die Produktion dort bis 2012 steigen. So weit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Die Libyer verlangen mehr Geld. Knapp 250 Millionen Dollar kostet die OMV der sogenannte "Verlängerungsbonus". Eine bittere Pille, die die OMV aber schlucken muss, will sie nicht völlig ausgebootet werden.