Budapest weist Spekulationen über Fusion oder Übernahme zurück. | OMV-Aktie gab nach, MOL-Titel auf Allzeithoch. | Wien. "Ich träume nicht öffentlich von Dingen": OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer hält nach der am Montag bekannt gegebenen Aufstockung des OMV-Anteils am ungarischen Energiekonzern MOL von zehn auf 18,6 Prozent nichts von Spekulationen über eine Fusion oder gar eine feindliche Übernahme. "Wir sind total damit zufrieden, unser ökonomisches Interesse in Ungarn ausgebaut zu haben", sagte Ruttenstorfer am Montag vor der Presse. Man habe mehrere MOL-Aktienpakete erworben, die offenbar auch anderen potenziellen Käufern angeboten worden waren. Der durchschnittliche Preis pro Aktie bewegte sich "nahe dem Marktpreisniveau, die Gesamtsumme belief sich auf rund eine Milliarde Euro". Während in Wien die OMV-Aktie nachgab, kletterten die MOL-Papiere um gut 15 Prozent auf ein Allzeithoch.
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Mitteleuropa-Allianz
Mit dem Erwerb habe die OMV ihre strategische Beteiligung an MOL gefestigt, hieß es. Man sei vom langfristigen Nutzen einer engeren Zusammenarbeit mit den Ungarn überzeugt, weil damit "zwei mitteleuropäische Unternehmen die für Europa wichtige Versorgungssicherheit wesentlich verstärken können". Man habe den gleichen Kernmarkt mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten. Während die OMV im Donau- und Schwarzmeerraum expandiert, stieg die MOL zuletzt auf dem Balkan stärker ein - einige Beteiligungen den dort ebenfalls interessierten Wienern wegschnappend.
Eine Allianz könne wesentlich besser mit den größeren Öl- und Gaskonzernen konkurrieren, wenn es zur weiteren Konsolidierung der Branche kommt. Und die kommt, davon ist Ruttenstorfer überzeugt: "Heute sind es rund ein Dutzend große Player (in der Mineralölwirtschaft, Anm.), es werden weniger werden." Es würde daher Sinn machen, "strukturierte Gespräche" mit dem MOLManagement über eine Bündelung der Stärken zu führen, so Ruttenstorfer: "Die OMV lädt zu einem offenen und konstruktiven Dialog ein." Über eine mögliche Komplettübernahme? "Da wird noch viel Wasser die Donau hinunterlaufen zwischen Wien und Budapest, bevor ich Ihnen darüber berichten kann."
Ungarn: Kalte Schulter
Aus Budapest bekam Ruttenstorfer am Montag zunächst einmal die kalte Schulter gezeigt: Die Aufstockung der Anteile sei ohne vorherige Zustimmung durch MOL erfolgt, hieß es in einer Presserklärung des MOL-Vorstandes. Man habe "mit Interesse" den Anteilskauf der OMV und ihren Wunsch nach einem strukturierten Dialog zur Kenntnis genommen - man werde aber die "eigene Strategie" weiter verfolgen. Im übrigen "bevorzuge man immer Partner ohne dominante oder starke Aktionäre aus dem ausländischen staatlichen Bereich". Der ungarische Staat hat sich bis auf eine "Goldene Aktie" vollständig aus dem Energiekonzern zurückgezogen, in Österreich hält die ÖIAG noch 31,5 Prozent an der OMV, weitere 17,5 Prozent gehören Abu Dhabis IPIC.
Die für die Aufstockung der MOL-Beteiligung benötigte Milliarde Euro kam laut OMV-Finanzchef David Davies "aus bestehenden Kreditlinien", über die Verkäufer der Aktien wollte man nichts sagen. Dass mit dem Zukauf keine Erhöhung der derzeit auf 10 Prozent beschränkten Stimmrechte verbunden ist, stört den OMV-Chef nach eigenen Worten nicht.
Das Investment in die MOL - man hatte vor einigen Jahren die ersten zehn Prozent erworben - habe sich als sehr gut herausgestellt. So habe die MOL ihre Dividende heuer deutlich erhöht. "Die MOL ist ein gut geführtes Unternehmen mit einem guten Management" und verfüge über exzellente Raffinerien.
Die erst vor einigen Wochen wieder geäußerte Ansicht von MOL-Chef Zsolt Hernadi, wonach eine Fusion der beiden Unternehmen "mehr Werte vernichten als aufbauen" würde, teilt Ruttenstorfer nicht: Man sehe eher eine Stärkung angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs.
Und auch das Liebäugeln der Ungarn mit der vom russischen Monopolisten Gazprom forcierten Gaspipeline "South Stream" nach Bulgarien und Ungarn beunruhigt Ruttenstorfer nicht: "Das sehen wir positiv als ergänzendes Projekt zur Nabucco-Leitung - auch Ungarn wolle schließlich zusätzliches Gas aus anderen als russischen Quellen beziehen.